Breaking News: Zusatzweiterbildung “Klinische Akut- und Notfallmedizin” beschlossen!

Am 121. Ärztetag in Erfurt wurde soeben die neue Musterweiterbildungsordnung beschlossen. Darin inkludiert wurde auch der neuen Zusatzweiterbildung “Klinische Akut- und Notfallmedizin” zugestimmt.

Aus unserer Sicht ist das ein essentieller und dringend nötiger Schritt, die ärztliche Kompetenz in den Notaufnahmen zu verbessern und den längst überfälligen Schritt zu einer interdisziplinären Notfallmedizin auch in den Kliniken zu gehen. Auch wir von Nerdfallmedizin sind klare und überzeugte Verfechter einer breiten, fächerübergreifenden und patientenorientierten Notfallmedizin in den Notaufnahmen.

Ähnlich sieht es auch Martin Pin, Präsident der DGINA (Deutsche Gesellschaft für Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin):

Zukünftig können die Notfallpatienten in Deutschland darauf vertrauen, dass sie in den Notaufnahmen auf speziell auf das Aufgabenfeld für Notfallmedizin vorbereitete Ärztinnen und Ärzte treffen. Das ist für die Qualität der Notfallversorgung ein entscheidender Schritt.

Nun muss die Musterweiterbildungsordnung noch jeweils in den Landesärztekammern beschlossen und damit umgesetzt werden. Das heißt, es wird noch einige Diskussionen und auch die eine oder andere Verzögerung geben.

Aber – eine erster riesiger Schritt ist getan. Wir freuen uns wie ein Schnitzel und schreiten motiviert ins Wochenende!

Die Diskussion auf unserer Facebook-Seite:

Update 12.05.2018: Auch die DIVI findet den Beschluss sehr gut 🙂
Update 14.05.2018: Einen Artikel von der Ärztezeitung gibt’s auch.

Mehr Informationen, der genaue Beschlusstext und mehr folgen, sobald sie verfügbar sind.

Autor: Martin Fandler

I like EM, critical care, prehospital EM, medical education and #FOAMed too.

15 Gedanken zu „Breaking News: Zusatzweiterbildung “Klinische Akut- und Notfallmedizin” beschlossen!“

  1. Die Realität ist doch, dass es in eigentlich keinem Fachgebiet außer der Anästhesie Fachärzte gibt die im Krankenhaus bleiben. Die Entscheidung ist Oberarzt oder Niederlassung oder was ganz anderes. Und während die anästhesiologischen Kollegen während ihrer Weiterbildung meißt sehr glücklich sind ändert sich das häufig mit Erlangung des Facharztstatuses gerade weil sie weniger Möglichkeiten haben das Krankenhaus zu verlassen.
    Da müsste schon einiges passieren, damit ein Anfang 40 jähriger Nachts um 3 Uhr fachärztlich einen Thoraxschmerz aufnimmt und eine Platzwunde näht……

  2. Warum sollte das auf einmal passieren, dann müssten ja auch in der Unfallchirurgie und Inneren angenehme Bedingungen geschaffen werden, solls in anderen Ländern ja auch geben.

    1. Etwas fatalistische Aussage – aber nachvollziehbar, nachdem die Bedingungen in den Notaufnahmen aktuell in der Breite teils echt katastrophal sind. Die Hoffnung ist (u.a.) dass durch die höhere finanzielle Bedeutung der Notaufnahmen mit der Stufung der Notfallversorgung via aktuellem GBA Beschluss auch die personelle Besetzung besser wird. In Zukunft wird für die finanziellen Mehrleistungen der höheren Stufen auch 24h ein Facharzt mit Zusatzbezeichnung verlangt – und so müssen die Krankenhäuser sicherstellen, dass sie die Stellen dort mit qualifiziertem Personal besetzen (und dieses Personal auch bleibt).
      Ich bin insgesamt positiv gestimmt, teile aber eine gesunde Position Skepsis mit dir.

  3. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man Fachärzte findet die Bock haben sich 24h Notaufnahme zu gönnen. Man findet ja schon kaum welche für den Tagdienst.

    1. … dann müssen da eben die Bedingungen geschaffen werden. Schaffen ja auch andere Länder seit ein paar Jahrzehnten ganz gut… 😉

      Ich kenne ein paar wenige Notaufnahmen, in denen Fachärzte gerne arbeiten – weil dort angenehmes und herausforderndes, interdisziplinäres Arbeiten möglich ist.

  4. Wir haben doch vor kurzem erst die Zusatzweiterbildung Notfallmedizin
    Neu Dazu bekommen um die präklinische Versorgung zu verbessern. Die Qualifikationen sind doch im Grunde eins zu eins übertragbar. Warum wieder eine neue Bezeichnung?
    PS im Rettungsdienst haben die wenigsten Notaerzte die Qualifikation und dürfen weiter fahren. Wird sich in der Ambulanz nicht anders entwickeln.

    1. Hallo Holger,
      von welchem Bundesland sprichst du wegen der neuen Zusatzbezeichnung Notfallmedizin? Hier in Bayern gibt es die schon einige Jährchen unverändert…

      Das, was jetzt beschlossen wurde ist es völlig anderes. Die Qualifikationen sind auch deutlich andere (und mehr) als ein 80h-Kurs und 2 Jahre Berufserfahrung. Hier geht es um breite Versorgung von Patienten in der Notaufnahme – also mit Labordiagnostik, Ultraschall und Interventionen.
      Die Voraussetzungen sind auch ganz andere – man muss eine Facharztqualifikation (=5-6 Jahre Ausbildung) + 2 Jahre Notaufnahme-Erfahrung + 6 Monate Intensivmedizin vorweisen, damit also >8 Jahre (!) Ausbildung!
      Und der aktuelle Beschluss des G-BA stellt deutlich klar, dass in Zukunft ein Facharzt mit dieser Zusatzweiterbildung 24h in Notaufnahmen verpflichtend vorgeschrieben wird.

  5. Ich finde es einen wichtigen Schritt in der Anerkennung der Relevanz der Notfallmedizin. Natürlich Illusion in deutschland flächendeckend in allen Notaufnahmen supermotivierte interdisziplinär arbeitende Mitarbeiter aller Fachrichtungen in der ZNA zu finden.
    Was ist die Realität? Assistenten im 1. und 2. Jahr müssen in die ZNA, sind unmotiviert und haben logischerweise nicht die Kompetenz um echte Notfallpatienten zu versorgen.
    Fachärzte sind kaum zu Tätigkeit in einer ZNA zu bewegen, in den meisten Häusern wird die ZNA als lästiges Übel angesehen und die Kompetenz von den Fachabteilungen angezweifelt.

    Andere Länder haben es weitaus besser geregelt, in D sind die Fächer noch zu verkrustet und die Manager noch nicht so weit.
    Aber im Stil der Neuen Deutschen Welle: ” Es geht voran!”

  6. Ja, gute Punkte, ländliche Versorgung und der unklare Bauch aber ich denke man kann das besser lösen.

    Ich glaube, dass dringenste was das deutsche Gesundheitswesen benötigt ist eine Stärkung der Allgemeinenmedizin und ein Abbau der Überkapazitäten im stationären Bereich.
    Wenn die Patienten die nicht liegend kommen alle erst mal von einem Allgemeinmediziner gesehen würden, wären schon mal 2/3 weniger in der Notaufnahme. Dann wäre auch genug Zeit, dass sich der Bauch gemeinsam angesehen wird.

    Ein Krankenhaus dass keinen Chirurgen/Anästhesisten/Internisten vorhalten kann, sollte nicht an der Notfallversorgung teilnehmen.
    Und macht es denn Sinn einen Facharzt zu etablieren nur für die Triage? Für die Wehwechen gibt’s doch den Hausarzt und was macht der Notfallmediziner wenn er eine Appendizitis diagnostiziert hat, dann muss er doch wieder den Chirurgen holen der ja eh da ist.

  7. Ich glaub da liegt das Problem, die Entscheidung für einen Facharzt für Notfallmedizin ist in anderen Ländern eine ökonomische gewesen, es ist günstiger als Spezialisten vorzuhalten.
    Nun ist es aber so, dass Medizin immer spezieller wird, dass ist gut für den Patienten, meißt nicht so angenehm für die Ärzte. So sollte meiner Meinung die Zukunft in der interdisziplinären Zusammenarbeit liegen und nicht darin etwas von Grneralisten schlechter machen zu lassen. Ich habe selbst in England gelebt und das dortige Modell hauptsäxhlich negativ empfunden. Dort werden alle Notfälle von einem einzigen Arzt behandelt, tolles Gefühl für den Arzt aber nicht für den Patient.
    Die KV sollte endlich in der ZA anständig vertreten sein. Und der Facharztstandard ist durch Hintergrunddienste gewährleistet, zumal durch den technischen Fortschritt in der Telemedizin immer besser.
    Also um mich kurz zu fassen ich glaube es gibt keine Patienten in der ZA, die nicht entweder durch einen KVler oder einen Spezialisten besser versorgt sind als durch einen FA Notfallmedizin.

    1. Da haben wir eine andere Meinung und anderen Eindruck. Aber – eine zivilisierte Diskussion zu diesem Thema ist auch mal was schönes 😉

      Ich habe in den USA, Großbrittannien und Australien das System der Notfallmediziner als hochprofessionell und in vielen Aspekten (vor allem in der Breiten-Versorgung!) als deutlich fortschrittlicher erlebt als in Deutschland. Übrigens auch in Schweden oder Frankreich… aber das mögen natürlich subjektive Eindrücke sein.

      Meine zwei Hauptargumente:
      1.) Es geht um die breite Versorgung von Patienten – und zwar nicht nur im Trauma-Mega-Maximal-Onko-Uni-Zentrum, sondern auch in der Fläche. Selbst in vielen großen (Uni-)Notaufnahmen ist die Versorgungsqualität längst kein Facharzt-Standard und vielerorts extrem schwach organisiert – und oft werden die jüngsten, unerfahrendsten in die ZNA “runtergeschickt”. Da kann die Zusatzbezeichnung (und deren Forderung via G-BA-Beschluss, diesen 24h vorzuhalten = 24h Facharzt in der ZNA!) nur ein Gewinn sein.
      2.) Patienten kommen selten mit einer Fachrichtung, sondern mit einem (Leit-)Symptom. Was aber, wenn der Thoraxschmerz nicht internistisch, der Bauchschmerz nicht chirurgisch und der Kopfschmerz nicht neurologisch ist? Typisches Beispiel z.b. die junge Frau mit Unterbauchschmerz die stundenlang von Innere in Chirurgie in Uro und Gyn geschickt wird oder der Septiker, der wegen “Vigilanzminderg” neurologisch triagiert wird und stundenlang auf spezielle Bildgebung wartet. Dann sind die Fachärzte oft an ihrem Limit angelangt und Patienten werden konkret schlechter versorgt als beim Generalisten (und Ressourcen werden auch verschwendet).

      Um meine Meinung kurz zu fassen: Die Vorstellung, dass es überall motivierte, über den Tellerrand herausblickende Fachärzte aller relevanten Spezialdisziplinen in Notaufnahmen gibt, ist schon jetzt eine Seltenheit und für die Zukunft in der Breite nicht realistisch. Ich denke, dass die Zusatzbezeichnung ein erster richtiger Schritt in die Zukunft ist, die Notfallversorgung in Deutschland auf ein professionelles Niveau zu heben – aber bei weitem nicht alle Probleme löst. In der Umsetzung des System und den wichtigen Schnittstellen ambulanter Sektor / KV sowie Rettungsdienst aber auch innerklinische Schnittstellen liegt in den nächsten Jahren viel Arbeit vor uns.

  8. Ok, und wo soll dann die Verbesserung der Qualität sein wenn jetzt ein Unfallchirurg nach 2 Jahren Weiterbildung (mit hauptsächlich hypertensiven Entgleisungen ) in einer Notaufnahme hochkomplexe z.b. onkologische Patienten versorgt?

    1. Gute Frage. Wird aktuell deutschlandweit in der Fläche ein hochkomplexer onkologischer Patient von Fachärzten mit onkologischer Expertise versorgt?
      Realistisch sind in vielen Notaufnahmen – in der Breite – vor allem junge Assistenzärzte in den ersten Weiterbildungsjahren ohne zusätzliche Qualifikation unterwegs.
      Die Zusatzweiterbildung würde zumindest Fachärzte mit zusätzlicher Ausbildung vorsehen. Aber natürlich ist es hier genau unsere Aufgabe, die Qualifikation so hoch wie möglich anzusetzen. Diese Zusatzweiterbildung ist sicherlich nur ein erster Schritt – und viele weitere müssen folgen!

  9. Moin Nerd`s

    Nehmt es mir nicht übel wenn ich zu der “Zusatzweiterbildung – Klinische Akut- und Notfallmedizin“ sag bzw. denke was für eine “Null-Lösung”, ich meine die ZUSATZWEITERBILDUNG. Wieder nur eine “Beruhigung” derer die für eine richtige Ausbildung zum “Facharzt für Notfallmedizin” sind und dies auch Befürworten.
    Die Dinosaurier der Ärztekammern oder wer auch immer den Finger drauf hat, können wahrscheinlich nicht über den Tellerrand / Ländergrenzen schauen wo es sich schon längst bewährt hat und es den Facharzt für Notfallmedizin gibt.
    In dem Sinne vielleicht… was lange währt wir gut.

    LG. Micha

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