Atemschutz-Notfall (Feuerwehr-Visite)

“Einer von uns!!” – was passiert, wenn ein Atemschutzträger der Feuerwehr einen Notfall erleidet? Was sind potentielle Ursachen? Und: Wie kann man die umfangreiche Ausrüstung rasch entfernen?

In unserer neuen Serie “Visite” besuchen wir Einheiten oder Organisationen, die wichtige Schnittstellen mit der Notaufnahme haben – diesmal die Freiwillige Feuerwehr Nürnberg, Großgründlach.

Der medizinische Notfall beim Atemschutzgeräteträger kommt eher selten vor. Umso wichtiger ist es, sich im vorab einmal Gedanken darüber gemacht zu haben wie ein solcher Notfall strukturiert werden kann und wie der Betroffene so schnell wie möglich von seiner Ausrüstung befreit wird um ihn zu versorgen.

Die potentiellen Ursachen für einen medizinischen Zwischenfall beim Atemschutzgeräteträger (AGT) sind vielseitig:

Notfall beim Atemschutzträger:

  • Exsikkose / Schwächeanfall durch starkes Schwitzen (häufigster Fall)
  • Kollaps / Synkope (siehe auch unser Video zu dem Thema)
  • Andere Erkrankungen (z.B. Myokardinfarkt…)
  • Verbrennung z.B. bei Durchzündung / Verbrühung z.B. durch Wasserdampf

Die Abarbeitung des Atemschutznotfalles lässt sich in 3 Schritten zusammenfassen.

1. Rettung aus dem Gefahrenbereich

  • Crashrettung des verunfallten AGT aus dem Gefahrenbereich

2. Aufteilung Kopf/Oberkörper

Befreiung Kopf (Rettungstrupp Teil 1)

  • Helmabnahme
  • Entfernung der Flammschutzhaube
  • Abnahme der Atemschutzmaske, ggf. mit angeschlossenem Lungenautomaten
  • Ausziehen der Handschuhe
  • Griff an die Ärmel des Pat.
  • Patientenarme nach oben, über dessen Kopf halten

   zeitgleich:

   Befreiung Oberkörper (Rettungstrupp Teil 2)

  • Öffnen des Feuerwehrsicherheitsgurtes (falls vorhanden)
  • Öffnen und Weitstellen der Bebänderung des Atemschutzgerätes (Bauch- u. Schultergurte)
  • Öffnen der Schutzjacke
  • wenn nicht schon von Rettungstrupp Teil 1 erledigt: Ausziehen der Handschuhe

  3. Entkleidung:

Ziehen an den Füßen

  • Rettungstrupp Teil 2 zieht den Patienten an den Beinen nach Kaudal (Fußwärts)

Im Anschluss unmittelbarer Beginn mit BLS-Maßnahmen (Bewusstseins- u. Atemkontrolle, etc.) ohne Verzögerung!

Die hier genannte Vorgehensweise stellt natürlich nur eine von mehreren möglichen Varianten dar. Sie kann je nach Teamzusammensetzung und einsatzspezifischen Gegebenheiten variiert werden.

Nach der Entkleidung durch die Feuerwehr sollte der Patient so früh wie möglich vom Rettungsdienstpersonal mitversorgt werden.

Vielen Dank an die Feuerwehr Großgründlach und Max Pongratz!

Autor: Martin Fandler

I like EM, critical care, prehospital EM, medical education and #FOAMed too.

9 Gedanken zu „Atemschutz-Notfall (Feuerwehr-Visite)“

  1. Sehr gutes Video und tolle Anleitung!
    Hat jemand hier Tipps, wo man geeignete Lektüre/PDFs zum Thema Atemschutznotfälle/Retten durch den Sicherheitstrupp findet? Im Netz findet man hierzu leider sehr viele unzureichende, veraltete oder unseriöse Materialien.
    Danke schonmal!

      1. Hallo Niklas, die Frage ist zwar schon etwas älter, aber vielleicht hilfts ja noch: Es gibt zu dem Thema einige “Rote Hefte” aus dem Kohlhammer Verlag, die üblicherweise unter 15 EUR über den Tisch gehen. Als Beispiel ist hier Nummer 95 “Unfallverhüttung im Atemschutzeinsatz” und Nummer 222 “Rettungs und Krankentransporttechniken” zu nennen, es gibt aber noch einige mehr. Einfach mal beim Verlag vorbei schauen, da gibt es eine schöne Übersicht. Auch ich habe mir schwer getan im Netz gutes Material zu finden, daher finde ich die paar Euros gut investiertes Geld.

        Herzliche Grüße
        Stefan

  2. Super Anleitung. Bin selbst bei der Feuerwehr. Habe bisher keinen solchen Notfall erlebt, hätte aber sicher viel komplizierter versucht, den Kameraden aus den Klamotten zu bekommen. Danke

  3. Optimal ergänzt wird der ganze Ablauf (zumindest bei nem Stillstand) durch einen zusätzlichen Helfer, der während der ganzen Zeit des Auskleidens schon eine HDM durchführt. Die Entkleidung wird dadurch nicht behindert und die No-Flow-Zeit deutlich reduziert.

    1. Hi Gerrit, danke für den Kommentar.
      In unserer Einschätzung und in Rücksprache mit erfahrenen Feuerwehr-Rettern und -ärzten ist unsere Einschätzung eher, dass eine suffiziente (!) Herzdruckmassage beim auf der Flasche liegenden Patienten mit dicker Schutzkleidung eher schwierig denkbar ist – unsere Sorge war, dass ein “wir drücken irgendwie drauf” eher die Rettung und Entkleidung verzögert und damit einen verzögerten Beginn von effizienter Herzdruckmassage bedingt.
      Aber uns ist klar, dass es hier unterschiedliche Meinungen gibt und hochqualitative Studien zum Thema gibt es auch keine. Hast du ein Video oder Beispiele, wie das funktionieren könnte? (Klare Ausnahme ist natürlich eine prolongierte Rettung, da ist natürlich auch eine nur fraglich effektive HDM sicherlich besser als keine).

  4. Hallo Martin,
    coole Idee mal über den Tellerrand zu schauen – gelegentliche Themen die präklinische Schnittstellen beleuchten fände ich gut. Selbst hatte ich ein echtes Aha-Erlebnis bei einem Training der BF Mannheim für Präkliniker zum Thema “schnelles Retten aus dem PKW” – wenn du mal selbst den Spreizer oder die Hydraulikschere benutzt hast dann bist du anschl. geduldiger.
    By the way : wo gibt’s denn solche Ketamin t-Shirts?

    Macht weiter so,
    Winfried

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