Kardioversion – Strom, Strom, Strom!

Bei tachykarden Rhythmusstörungen gilt die Regel: Je instabiler, desto Strom.

Doch nur mit einem kleinen Stromstößchen ist es nicht getan! Im neuen Video gibt’s Infos zu Indikation, Vorbereitung, Ablauf und natürlich noch ein paar Tipps aus der Praxis zum Thema Kardioversion!

Indikation:

  • Vorhofflimmern / Vorhofflattern – elektiv
    • AK über 4 Wochen bzw transösophageales Echo (TEE) zum Ausschluss von intrakardialen Thromben
  • Instabile Tachykardien (nach ERC):
    • Instabilitätszeichen: Schock, Synkope, Myokardischämie, Herzinsuffizienz
    • 3 synchronisierte Kardioversions-Versuche (bei Misserfolg Amiodaron 300mg iv über 10-20 Minuten, dann nochmal versuchen.

Vorbereitung:

  • Monitoring (SpO2, RR, EKG)
  • ein (eher zwei) sichere Zugänge
  • Defi-Elektroden
  • Sauerstoff-Präoxygenierung, O2-Gabe
  • evtl. Nasen-Kapno zur Apnoe-Detektion
  • Immer: Reanimations- und Intubationsbereitschaft (inkl: Beatmunsbeutel, Absauger)

Position Elektroden:

  • Anteroapikal („Rea-Position“) -> eher bei Periarrest bzw. instabilen Patienten
    • Ggf. auch „Hard-Paddles“ möglich (Elektrodengel!), aus Sicherheitsgründen empfehlen wir, insbes. bei instabilen Patienten die Verwendung von Klebepatches.
  • Anteroposterior („AP“)

Bei biphasischen Defis kein Unterschied in der Effektivität / gleichrangige Empfehlung durch das ERC.

Defi Patches.png

Dann: SYNCHRONISATION!! 

(mit R-Zacke)

  • ggf. Änderung Ableitung oder Amplitude
  • bei instabiler VT und nicht möglicher Sync: Defibrillation

Energiewahl (nach ERC 2015):

  • Vorhofflimmern: 120-150J
  • Vorhofflattern + andere supraventrikuläre Tachykardien: 70-120J
  • Ventrikuläre Tachykardie: 120-150J
  • FAZIT: 120J (wenn Patient schlecht – höher)
  • Steigerung bei weiteren Versuchen

Sedierung bei Kardioversion:

  •  optimal: eine Person: Sedierung + Hämodynamik; eine Person: Kardioversion
  • Anpassung an Situation „Peri-Arrest vs. elektive Kardioversion“!
  • Instabil:
    • eher low dose, z.B. Ketamin 50mg, dann Midazolam iv
  • Elektiv: Viele Varianten, z.B.
    • Propofol mono (30-50mg iv meist ausreichend)
    • Propofol / Fentanyl (20mg Propofol + 0,05-0,1mg Fentanyl, Steigerung 20mg Propofol-Boli); Cave Apnoe
    • Propofol / Ketamin = „Ketofol“ (20mg Propofol + 20mg Ketamin, Steigerung um jeweils 20mg)
    • Etomidate mono 5-20mg iv (2,5-10ml)

Tipps:

  • Teamkommunikation (wie bei Defibrillation vor Schock warnen!)
  • Nachbeobachtung! Apnoe-Detektion!
  • PEEP erhöht transthorakale Impedanz: PEEP niedrig und „Air Trapping“ verhindern (bzw. ggf. Schock am Ende der Exspiration)
  • Die meisten Defis benötigen EKG und Patches
  • Bei implantierten Schrittmachern / Defis: Defi-Patches mind. 8cm Abstand zum Aggregat!

Quellen:

Autor: Martin Fandler

I like EM, critical care, prehospital EM, medical education and #FOAMed too.

12 Gedanken zu „Kardioversion – Strom, Strom, Strom!“

  1. Hallo Martin, wenn ich die neue ERC Guideline 2021 richtig verstehe wird darin nun empfohlen bei Kardioversion eines hämodynamisch instabilen Vorhofflimmerns gleich beim ersten Versuch die maximale Energie zu verwenden. Das würde bedeuten, dass ich den Defi mit 360J lade?
    Danke und viele Grüße, Christoph

  2. Moin Jungs, erstmal vielen Dank für die vielen tollen Beiträge – sehr lehrreich und vor allem auch spannend zu lesen:)

    Kurze Frage:

    sollte der Patient/die Patientin vor einer notfallmäßigen eKV (bspw. bei TAA bei und kardiogenen Schock) antikoaguliert werden? Falls ja, womit? (bspw. bei Patient/in ohne NOAK in der Vormedikation).

    Besten Dank und viele Grüße!

    1. Hallo Hannes,
      bei notfallmäßiger Kardioversion ändert die Gabe von einem Antikoagulans einige Sekunden / Minuten vor der Kardioversion das Risiko nicht (ein etwaiger Thrombus löst sich ja nur durch eine einmalige AK-Gabe auf).
      Übertragen von der “normalen” Kardioversion (zuerst AK, dann KV, dann weiter AK) sollte man aber nach der Kardioversion für mind. 4 Wochen antikoagulieren (siehe z.B. hier https://www.kardiologie.org/kardioversion-neue-daten-bekraeftigen-notwendigkeit-der-antikoag/692304). Wichtig als Aufklärung (und für die klinische Kontrolle) ist, dass das Schlaganfallrisiko insbesondere in den ersten Tagen nach Kardioversion erhöht ist – je höher der CHA2DS2-VASc Score desto höher das Risiko (im Notfall ist aber der Vorteil (z.B. Behandlung des kardiogenen Schocks) deutlich höher als das potentielle Stroke-Risiko, siehe auch hier: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6301939/)

  3. Hallo Martin,

    welche Maßnahmen sollte man während der 15 Minuten Amiodaron-Kurzinfusionsgabe nach dreimaliger erfolgloser Kardioversion tun ?
    Wenn das Herz bei Bewusstlosigkeit insuffizient pumpt ist es ja nur eine Frage der Zeit bis es zum Kammerflimmern kommt oder nicht ?
    Daher die Frage: Thoraxkompressionen bis zum nächsten Kardioversionsversuch oder warten und schauen was passiert während man in die Klinik saust ???

    Liebe Grüße, Miri

    1. Hallo Miri, wenn der Pat. keinen adäquaten Auswurf hat, sollte man Herzdruckmassage beginnen. Aber “prophylaktisch”, bei noch vorhandenem Puls eine Herzdruckmassage zu machen, würde ich nicht empfehlen. Wenn der Pat. allerdings schon das Bewusstein verliert kann das auch ein Zeichen von nicht mehr adäquater Perfusion sein – das wäre dann wieder eine Indikation für Reanimation.

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