Die Thoraxdrainage gehört neben der Koniotomie zu den wenigen lebensrettenden chirurgischen Skills, die jeder Notfallmediziner beherrschen muss. Dabei ist die Thoraxentlastung eigentlich nicht schwer, wenn man einige Grundregeln beachtet!
Indikation zur notfallmäßigen Anlage:
- Ausgedehnter Pneumothorax oder Spannungspneumothorax
- Instabiler Thorax nach Intubation
- Traumatischer Arrest
- Hämatothorax
Anlageort:
Entlastungspunktion:
- 2. ICR Medioclavicularlinie
- 4.-5. ICR mittlere Axillarlinie (im „Triangle of Safety“)
In Studien konnte kein eindeutiger Vorteil der einzelnen Punktionsorte gesehen werden. Wir empfehlen den 2. ICR in Medioclavicularlinie zur Punktion.
Thoraxdrainage:
- Anlage im Triangle of Safety (siehe Bild)
- Cave: der Punktionsort wird häufig zu tief gewählt und birgt die Gefahr einer Leber/Milzverletzung
Vorgehen
Merke: Bei instabilem Patienten mit V.a. Pneumothorax initiale Entlastungspunktion erwägen!
Vorbereitung
- Reinigen und Desinfizieren des Anlageortes
- Sterile Abdeckung
- Materialvorbereitung inkl. Thoraxdrainage 24-32 Fr (Pneumothorax eher kleinlumig, Hämatothorax eher größer)
Anlage:
- Tasten der oberen und unteren Rippe am Anlageort
- Hautschnitt über der unteren Rippe ca. 3-5cm (im Notfall/bei schwierigem Habitus eher größer als kleiner)
- stumpf zur Rippe und dann ÜBER der Rippe zur Pleura präparieren
- mit Finger bzw. stumpf Pleura eröffnen
- Pleuraraum auf Adhäsionen und zur Lagekontrolle abtasten („kleine Hafenrundfahrt“)
- Drainage ohne Trokar z.B. über Kornzange einführen
- über Finger nach oben/ventral (Pneu) oder unten/dorsal (Erguß/Blut) leiten
- Hautschnitt mit Einzelknopfnaht verschließen und Thoraxdrainage mit „Tabaksbeutelnaht” Fixieren
- Wunde abdecken und evtl. luftdicht abkleben
- Wasserschloss oder geschlossenen Beutel anschließen
TIPP: Im Notfall ist eine “Mini-Thorakotomie” mittels Finger (= Schnitt, Klemme, Finger) ausreichend, eine Drainage einzulegen kostet Zeit; ebenso auch die Annaht! Beispielsweise sind beim instabilen Traumapatienten einige Dinge zeitkritischer als der Drainageschlauch und/oder die Annaht. Ein Tipp aus der Praxis: Der Drainageschlauch kann auch einfach mit einem Defi-Klebepatch (klebt richtig gut!) fixiert werden; alternativ (danke für den Hinweis in Richtung der Bundeswehr-Fallschirmjäger!) könnte man auch ein Chest Seal als “Klebepflaster” benutzten (Zitat “das klebt wie Sau!”).
Kontraindikation/Risiken:
- bei vitaler Indikation keine Kontraindikation
- allgemein Gerinnungsstatus abschätzen (Antikoagulantien, Labor, Anamnese)
- Vorbekannte Lungenerkrankungen auf der betroffenen Seite? (inkl. Hinweis auf Pleuraadhäsion der Lunge etc.)
- Organverletzung bei zu kaudalem Anlageort (Leber/Milz) oder zu tiefen und gewaltsamen Einführen insb. über Trokar (Herz/Gefäße/Lunge)
Quelle: S3 Leitlinie Polytrauma
Danke für den Beitrag!
Wie bauen wir denn nach der Anlage einen Sog auf! Es ist quasi nichts zu finden im Netz und in Lehrbüchern! Viele Absaugpumpen im Rettungsdienst können nicht weniger als 50 oder gar 100 mmHg Unterdruck (aus pneumologischer/thoraxchirgischer Sicht irre viel) und haben noch dazu ausdrücklich eine Kontraindikation in Richtung Thoraxdrainage (https://www.cirs.bayern/index.php?option=com_content&view=article&id=134&catid=22&Itemid=170).
Hi Marko,
aus meiner Sicht braucht es in der kritischen Notfallsituation anfangs keinen Sog. Wichtig ist, dass ein etwaiger Spannungspneumothorax entlastet wird; das passiert durch das Eröffnen der Pleurahöhle nach außen. Pragmatisch würde man präklinisch an die Drainage einfach ein Heimlichventil (richtig rum) anschließen – so kann Luft entweichen, aber nicht mehr zurück rein.
In der Klinik kann man dann je nach Pathologie einen entsprechenden Sog anschließen.
Hallo ,
Wie wählt man die Große der Drainage ( Konkrete Antwort ) aus bitte ? ich habe viel reschaschiert und bislang nichts genau was gefunden.
Blut und Empyem brauchen meist etwas größere Drainagen, Pneu und seröse Ergüsse nur sehr kleine (15Fr)
Konkret hängt es aber vom Patient und den Umständen ab. Der Trend geht zu immer kleineren Drainagen via Seldinger.
Die Ergüsse sind selten seriös, aber häufig serös 😉.
Absolut richtig 😅
Gut gesehen, ist korrigiert 😉
Moin,
ich hab mich gefragt was im Falle des Hämatopneumothoraxes gilt, bzgl. Lage der Thoraxdrainage. Geht man dann Kaudal weil wenn das Blut abgeflossen ist, die Luft ebenso hierüber entweichen kann? Oder gehe ich Apikal weil die Luft definitiv entweichen wird und die Drainage so nicht verstopft? Bin zur Zeit in der Ausbildung zum NotSan und muss zur Zeit eine Facharbeit über den Spannungspneumothorax im Vergleich zum Hämatothorax schreiben.
Mit Freundlichen Grüßen
Letztlich versucht man den Pneu eher ventral und den Hämatothorax eher dorsal zu drainieren, die Position der Drainage ändert sich aber ohnehin nach Anlage oft nochmal und eine genaue Positionierung ist oft nicht möglich.
Bei Hämatopneu würde ich eher dorsal und kaudal drainieren.
Lg
Vielen Dank für die tolle Antwort.
Super Beitrag, danke euch – die anderen auf Youtube übrigends auch.
Hallo,
vielleicht könnt ihr mal ein Update oder Nerdfact zu diesem Thema machen, da nach den neuesten ATLS-Guidelines ja keine Empfehlung mehr für die Monaldiposition besteht und das sehr wenigen bekannt ist.
https://news-papers.eu/?p=8417
Hey, sehr guter und richtiger Hinweis..
Warte mal ab, was die nächsten Nerdfacts so bringen… SPOILER Alarm! 😉
Viele Grüße!
Hallo ihr beiden,
Habe mit gerade nochmal das Video angeschaut. Könntet ihr (vllt in einem extra Video) nochmal erklären wie man bei einem TCA genau vorgeht (Beckenschlinge, Oxygenierung, Volumenmanagement–> dabei die richtige Prioritätensetzung ->vgl TCA-Drücken ist zwecklos/ Drücken ist nicht zwecklos). Dabei auch gerne etwas genauer auf die beidseitige Minithorakotomie eingehen, wie das genau funktioniert.
Und wie seht ihr das, dass auch die Notfallsanitäter (so fern sie darin geübt sind) bei keinem verfügbaren NEF die beidseitige Minithorakotomie durchführen? Oder habt ihr da einen Alternativeweg?
Liebe Grüße
Marc
Also, bei TCA würde ich Beatmen, Volumen, Thorax entlasten, Beckenschlinge in dieser Reihenfolge.
Bei sichtbarer Blutung initial diese noch durch Kompression stoppen.
Fingerthorakotomie kann sicher auch der ausgebildete Notsan, sollte aber eben geübt sein. 🙂
Lg
Schönes Video. Auch den Hinweis mit der speziellen Pneumothorax-Punktionsnadel fand ich sehr spannend, wurde aber eben beim Notarztfahren von meinem Notfallsanitäter freundlich belehrt, dass die von Braun hergestellte Pneumothoraxpunktionsnadel (ProSet Besteck zur Pneumothorax-Punktion) sogar minimal kürzer als die 14G Vasofix von Braun ist! Kann Euch da auch gerne ein Bild von schicken 🙂 Welche spezielle Pneumothorax-Punktionsnadel benutzt Ihr? Liebe Grüsse.
Hi, danke für das Feedback – tatsächlich spannend. Wir verwenden meist das Model „T-Pak“ mit einer Länge von 83mm im Training, allerdings sind die NEFs mit anderen Sets ausgestattet, deren Länge zwar „lang“ erscheint, aber hab noch nie verglichen!
Super Praxishinweis!!
Grüßt Euch,
ich habe eine Frage zur Anlage nach Bülau…
Lege ich den Patienten-Oberarm senkrecht nach oben oder 90Grad zum Patient?
Im Video erkenne ich es nicht eindeutig da einmal der Ellenbogen sehr hoch gehalten wurde und einmal eher 90Grad zum Patient. Es verschiebt sich logischerweise die Mamillarlinie.
Thx für Info.
LG. aus Riesa
Hi Micha, der Arm wird so gelagert, dass es für den Patienten bequem ist und uns nicht stört.
Meist bietet sich in elektiven Situationen an, dass der Patient den Arm entspannt hinter den Kopf nimmt.
Das “Triangle of Safety” bzw. die Mamilarhöhe sollte am sitzenden Patienten festgelegt werden – ist aber auch nur ein Anhaltspunkt und abhängig vom Bindegewebe und den “Weichteilverhältnissen”.. Daher alternativ der Trick mit der Hand.
Viele Grüße
Notkoniotomie praktisch erklärt und veranschaulicht wäre sicher auch noch ein sehr interessantes Thema und gerade weil es so selten ist, sollte man sich auf so etwas – zum Beispiel mit einem Beitrag von Euch – damit befassen.
Vielen Dank für das tolle Video!
Hallo ihr Beiden,
danke für das tolle Video.
Falls Ihr mal Zeit habt, würde ich mich freuen, wenn ihr an der EKG-Serie weiterarbeitet. 🙂
Grüße Konstantin
Vielen Dank!
Weitere EKG-Videos sind schon in Planung und (fast) in Produktion 🙂
Danke Ihnen.
Ich habe bald Notfallmedizin-Prüfung in Düsseldorf und zwar wollte genau wissen , wenn ich danach gefragt hätte. Manche Literatur sagen bei Pneu 24-28 G bei Häm 28-32 , Schulkinder 20 , Kleinkinder 14-16 g . So andere Literatur sagen was anders . So wird man verwirrt !!
Viel Erfolg für die Prüfung – solche Fragen braucht man glaube ich nicht zur fürchten. Ich würde da antworten: Da im Rettungsdienst nur wenige Größen vorgehalten werden und in den meisten Fällen eine Fingerthorakostomie ausreicht wählt ich die Größe nach dem Prinzip je größer der Patient und dickflüssiger das erwartete Sekret, desto dicker auch die Drainage. 😉