Martin spricht diese Woche über den plötzlichen Kreislaufstillstand – dieser wird initial oft mit einem Krampfanfall verwechselt und die notwenigen Thoraxkompressionen unnötig herausgezögert.
Das sofortige Erkennen eines Kreislaufstillstandes ist essentiell für Patienten und auch dasFOAM hat zu dieser Problematik einen schönen Beitrag geliefert.
Tatsächlich beginnen wir bei einem dringenden Verdacht auf Kreislaufstillstand initial oft initial selbst mit der Thoraxkompression als Teamleader – der Start von Thoraxkompression legt bei allen im Team den Schalter auf CPR-Modus um und die Unsicherheit ob begonnen werden soll wird genommen.
Bei Kreislaufstillstand am Monitor (Kammerflimmern oder Artefakt?!) hilft der Blick auf die Pulsoximetrie (oder art. Blutdruckmessung) – peripherer Puls beweist Artefakte.
Im Zweifel sofort die eigene Überlegung an das Team laut kommunizieren – im Zweifel beginnen statt zu warten und diskutieren.
Danke auch von mir.
Die Unterscheidung Synkope/Krampf ist ja gerade auch anamnestisch für uns in der Notaufnahme extrem relevant (Abklärung Richtung Neuro oder Innere) – und das ist auch eine meiner ersten Fragen nach der Reorientierung bzw. nach der postiktalen Phase.
Mir wurde der hypoxischen Krampf / die hypoxischen Entäußerungen pathophysiologisch als quasi konvulsive Synkope erklärt – nur eben ohne Selbstlimitation. Was meinst du dazu?
Den Tipp mit den Augen finde ich extrem spannend – hast du dazu Literatur?
Hallo Martin und Philipp,
zur Literatur: die aktuelle Leitlinie der Dt. Ges. f. Neurologie DGN “Erster epileptischer Anfall und Epilepsien im Erwachsenenalter” bietet eine schöne Abbildung (Abb. 1) zur Augenstellung. In der Leitlinie selbst ist keine direkte Quelle dazu angegeben.
Die Semiologie epileptischer Anfälle wird z.B. in folgenden Übersichtarbeiten sehr gut dargestellt:
Semiologie und Propagation epileptischer Anfälle; Gellner und Fritsch, Nervenarzt. 2013 Jun;84(6):747-59
Semiology of epileptic seizures: a critical review; Noachtar S, Peters AS. Epilepsy Behav. 2009
Lateralizing signs during seizures in focal epilepsy; Loddenkemper T, Kotagal P. Epilepsy Behav. 2005
Zu den motorischen Entäußerungen bei konvulsiver Synkope:
meiner Erfahrung sind die “Zuckungen” bei Synkopen ziemlich schnell selbstlimitiert, dass die länger als gefühlt 15 sec dauern habe ich noch nicht gesehen. Schöne Videos dazu gibt es auf youtube z.B. unter “Syncope, fainting lark by Lempert et al.”. Spätestens wenn man die gesehen hat ist klar, dass die Frage nach “Zuckungen” zur Unterscheidung zwischen Anfall und Synkope selbst nicht hilfreich ist ;).
Verstehe ich Deine Frage richtig, dass die Entäußerungen bei zerebraler Hypoxie als konvulsive Synkope gewertet werden können? Bei passagerem Kreislaufstillstand würde ich das so deuten, da sind die Entäußerungen aber rasch selbstlimitiert (und der Patient ist bei Synkope hoffentlich wieder hämodynamisch kompensiert, sonst dekompensiert alles in die Reanimationssituation).
Liebe Alle, wenn Ihr als Notärzte/innen sowas beobachtet und Euch nicht sicher seid, macht ein kleines Video für den Neurologen Eures Vertrauens. Das hilft meist ungemein, V.a. um auch noch die nicht-epileptischen Anfälle ein- oder abgrenzen zu können.
Noch ein Nachtrag zu meinem Kommentar von eben:
weiterer zentraler Punkt ist natürlich die Augenstellung:
– beim generalisierten epileptischen Anfall zeigen die Patienten einen starren Blick, die Augen sind auf
– bei der zerebralen Hypoperfusion fehlt der Tonus der Augenmuskeln, die Augen sind meist nach oben verdreht
Hi Florian,
vielen Dank für deine Tricks bzw. Einblick in deine Herangehensweise. Vorallem der Hinweis, dass auch die Synkope oft eine relevante Ursache hat wird oft vergessen!
Mit der Spontanatmung hast du natürlich vollkommen recht, obwohl die gerade bei dick angezogenen Patienten oft erst auf den zweiten Blick gut erkennbar ist.
In jedem Fall super Tipps für die Praxis!
Danke auch für das tolle Feedback! 🙂
Hallo Martin und Philipp,
eine sehr schöne Fallvigniette. Nach vielen Jahren Neurologie und präklinischer Notfallmedizin habe ich unterschiedliche Engramme für die motorischen Entäußerungen bei
1. generalisierten tonisch-klonischen (epileptischen) Anfällen,
2. konvulsiven Synkopen (mit generalisierten tonischen oder tonisch-klonischen Entäußerungen) und
3. hypoxisch bedingten motorischen Entäußerungen bei Herzkreislaufstillstand.
Hinsichtlich einer Reanimationssituation unterscheiden sie sich letztlich in einem Punkt:
Die reanimationspflichtigen Patienten zeigen nach den Entäußerungen *keine Spontanatmung* mehr. Das ist vermutlich neben Zyanose und unterschiedlicher Dauer der Bewusstseinsstörung der Aspekt, der uns sehr rasch “subkortikal” alarmiert, dass da etwas nicht ins übliche Bild passt.
zu 1.) Während der tonischen / tonisch-klonischen Phase des Anfalls bleibt die Spontanatmung aus. Der Patient nach kurzem selbstlimitiertem generalisierten tonischen / tonisch-klonischen Anfall zeigt in der Regel sehr rasch wieder eine stark vertiefte Spontanatmung. Die Reorientierung dauer lange (viele Minuten) und trennt recht gut von der konvulsiven Synkope
zu 2.) bei Patienten mit konvulsiver Synkope setzt meist sehr rasch die Spontanatmung ein. Sie erwachen sehr rasch und sind nach kurzer Zeit (wenige Minuten) auch wieder reorientiert. Das trennt vom epileptischen Anfall mit längerer Reorientierungszeit. Wichtig ist sich klar zu machen, dass eine Synkope nur ein Symptom darstellt deren Ursache gesucht werden muss. Je nach Ursache kann die konvulsive Synkope z.B. bei Rhythmusstörungen sequenziell in 3. übergehen (und allen anderen Ursachen, die erst zu unzureichender zerebraler und sekundär kardialer Perfusion führen).
Super Punkt, den Ihr mit dem Fall macht.
Und klasse Blog, macht unbedingt weiter so!