Herzinsuffizienz und Lungenödem Teil 2: Therapie

Die Herzinsuffizienz ist ein häufiger Notfall – aber die oft genutzte “Standard-Therapie” aus “Furosemid und Morphin” ist nicht immer empfehlenswert. Warum es eher “NIV und Nitro” heißen sollte und welche anderen Therapieoptionen uns zur Verfügung zu stehen, besprechen wir im Video.

Hier geht es zu Teil1 der Serie: Herzinsuffizienz Teil 1: Einteilungen und hier zum Teil 3: Diagnostik und reversible Ursachen.

Basics: „NIV und Nitro”:

  • Lagerung! Oberkörper hoch, Beine runter „Herzbett”
  • NIVbei respiratorischer Insuffizienz! (Fokus: PEEP)
  • Normo/hypertensiv: Nitro-Gabe (initial SL, ggf. auch via Perfusor)
  • Sedierung eher mit Benzodiazepinen (alternativ Opiat)

Differenzierte medikamentöse Therapie:

Generell: Bei respiratorischer Insuffizienz: NIV bedenken!

  • Warm + feucht (typisch normo- oder hypertensiv)
    • primär Hypertonie: Vasodilatation, (Diuretika)
    • primär Stauung: Diuretika, Vasodilatation, ggf. Ultrafiltration (Dialyse)
  • Kalt + trocken (Hypoperfusion + Hypovolämie)
    • ggf. Fluid Challenge
    • ggf. Inotropika wenn weiterhin Hypoperfusion
  • Kalt + feucht = „kardiogener Schock”
    • RR <90: Inotrope Medis, ggf. Vasopressor, im Verlauf Diuretika; ggf. mechanische Kreislaufunterstützung
    • RR >90: Vasodilatation, Diuretika, ggf. inotrope Medis.

Spezifische Therapie:

  • Dialyse zum Volumenentzug
  • Pleurapunktion bei großen Ergüssen
  • Mechanische Kreislaufunterstützung (überlegen: „bridge to where?“)

Vasodilatatoren: iv Gabe (zb Nitroglyzerin Perfusor 50mg/50ml = 1mg/ml (bei hyper-/normotensivem Lungenödem 5-6ml/h (ev. 2 min “Bolus” mit 15ml/h)- Nitro sublingual – 2-3 Hub initial bei Hypertension
Diuretika:Furosemid 20-40mg iv; bei bereits bestehender Diuretika-Therapie mind. selbe Dosis iv. (bei Hypervolämie, kaum Rolle in der Akut-Therapie!)
Vasopressoren: Primär Noradrenalin (5mg auf 50ml -> mit 5ml/h starten = 0,5mg/h)
Inotropika:Dobutamin, Levosimendan, Milrinon (PDE3)… (CAVE periphere Vasodilatation)
Antiarrhythmika bei Vorhofflimmern: Digitoxin 0,25-0,5mg Boli und / oder Betablocker- ggf. Amiodaron (vorsichtig wg. Hypotension!). Alternativ: Kardioversion überlegen!
Sedierung / Anxiolyse:ggf. Morphin (bzw. Opiate) – alternativ vorsichtig Benzodiazepine

Nachlese:

2016 ESC Guideline diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure

Hübner, DasFOAM: Furosemid im Lungenödem (guter Diskussionsbeitrag zum Thema Furosemid)

Autor: Martin Fandler

I like EM, critical care, prehospital EM, medical education and #FOAMed too.

4 Gedanken zu „Herzinsuffizienz und Lungenödem Teil 2: Therapie“

  1. Vielen Dank für das Video, hat mich mal wieder zum Nachdenken angeregt.
    Insbesondere zwea. „ki Punkte sind dabei ja v.ontrovers“ (was ihr in der Beschreibung ja bereits erwähnt habt.

    1. „Furo“
    Dazu muss ich sagen dass ich mich erst im Zuge eures Videos mit dieser – nennen wir es mal Streitfrage – beschäftigt habe und es offensichtlich einiges an Literatur „gegen“ Furo gibt und die vorhandene Evidenz „dafür“ u.U. gar nicht mal so massiv vorhanden ist. Zusammenfassend habt ihr da ja auch auf den Artikel von dasFOAM verwiesen (https://dasfoam.org/2017/12/08/furosemid-im-akuten-lungenoedem-wirklich/)
    Pathophysiologisch gedacht macht Furo wohl insbesondere dann weniger Sinn wenn es sich v.a. garnicht um eine echte Volumenüberladung (mit Gewichtszunahme etc.) handelt sondern das Volumen einfach nur „fehlverteilt“ ist. Diese Fehlverteilung scheint – so ist es im oben genannen Artikel zu lesen der auf einen Beitrag von 2011 in der Circulation veweist – der springende Punkt bei der akuten Dekompensation zu sein. In eurem Video sagt ihr auch in einem Halbsatz dass wohl die meisten Patienten garnicht wirklich volumenüberladen sind.

    ===> Rein präklinisch gesehen mag das stimmen, ich würde aber ergänzend anmerken dass es intrahospital (z.B. Notfalleinsatz des REA-Teams auf Normalstation bei Lungenödem/kardialer Dekompensation, vorher aber bereits gut eine bis zwei Wochen Krankenhausaufenhalt, teilweise auch auf ITS) womöglich oft anders aussieht, was insbesondere mit der noch immer intensiv praktizierten übermäßigen Flüssigkeitstherapie mit Kristalloiden zu tun haben mag.

    ===> Zum anderen hab ich irgendwo aus dem Studium mal abgespeichert dass der Akuteffekt von Furo beim kardialen Lungenödem ja garnicht durch die diuretische Wirkung erzielt wird sondern dass Furo (i.v.) eben auch einen vorlastsenkenden Effekt durch venöse Dilatation hat und somit zum venöses Pooling beiträgt. (also ähnlicher Mechanismus wie Nitro?) Dazu habe ich in der aktuellen Diskussion um Furo eigentlich nichts mehr gelesen, habt ihr da nähere bzw. aktuellere Infos? Eher nur Mythos oder eher in Vergessenheit geraten?

    2. „Opiate“
    Da scheint das letzte Wort ja wie ihr bereits im Video erklärt habt noch nicht gesprochen zu sein. Trotzdem habe ich mich im ersten Augenblick beim Ansehen des Videos etwas über die Aussage gewundert dass die Tendenz eher in Richtung der Benzos als der Opiate geht.
    Im Prinzip geht es dabei zum einen um symptomatische Therapie der Atemnot als Symptom als solches und zum anderen um eine Sedierung für NIV. Auch innerhalb von FOAM scheint da die Meinungen ja auseinander zu gehen (beim NIV-Beitrag auf dasFOAM wird z.B. explizit die muskelrelaxierende Wirkung von Benzos als Argument gegen deren Anwendung genannt). Gibt es da wirklich schon harte Daten für das eine oder das andere speziell bei Herzinsuffizienz? Rein „gefühlt“ fand ich bisher die Anwendung von Opiaten (insbesondere von Mo) nämlich immer ein wenig „sicherer“ im Vergleich zu Benzos, da war man das ein oder andere mal von der doch recht ausgeprägten atemdepressiven Wirkung der Benzos trotz niedriger Dosierung durchaus überrascht… (sowohl prä- als auch intrahospital)

    1. Hi Philipp,

      vielen Dank für dein Feedback. Ich will versuchen kurz deine Fragen zu beantworten.
      Ad 1.:
      Der vorlastsenkende Effekt von Furosemid wird immer wieder diskutiert. Insgesamt scheint es sich dabei eher um einen Mythos zu handeln. Studien an Dialysepatienten ohne Diurese haben keinen positiven Effekt von Furosemid bei kardialem Lungenödem gezeigt. Gleichzeitig kommt es u.a. durch RAAS Aktivierung und andere Mechanismen zu einer neurohumoralen Aktivierung und eher sogar Steigerung der Vasokonstriktion.
      Insgesamt ist die Studienlage sicher nicht 100% klar, aber wie wir schon besprochen haben ist der diuretische Effekt von Furosemid bei oft unklarer Volumensituation des Patienten nicht immer hilfreich.
      In der Klinik kann sich die Situation bei Kenntnis des Gewichtsverlaufes natürlich günstiger darstellen.

      Ad 2.
      Opiate vs. Benzos ist auch wieder ein sehr schwieriges Thema. Man hat gezeigt, dass Opiate (insb. Morphin) die Mortalität bei Lungenödem als unabhängiger Faktor erhöht. Insgesamt stimme ich aber deiner Meinung voll zu und bin auch sehr vorsichtig mit der neuen Empfehlung.
      Aber die Studienlage für Opiate ist durchwachsen und Benzos meines Wissens einfach weniger in dieser Indikation untersucht.

      Ich hoffe ich konnte ausreichend auf deine Fragen eingehen!

      Viele Grüße,
      Philipp

      1. Hi, nochmal ein kleiner Nachtrag, weil mich das Thema weiter beschäftigt hat.
        In Studien von 1989 wurde ein Effekt von Furosemid auf Prostaglandin gesehen und darüber vermittelt eine direkte Vasodilatation. Ich konnte keine aktuellen Studien finden und halte persönlich diesen Effekt für fragwürdig. Leider finde ich aber die gegenteiligen Studien nicht mehr.
        – aber wir wollen ja objektiv und evidenzbasiert sein, deswegen die Korrektur/Ergänzung

  2. Video super wie immer.
    Ad Fränk-(Straub)-Starling-mechanismus…Der gute Herr Frank war ein deutscher Physiologe. ( Hat unser physioprof so abgeprüft: “der heißt Frank nicht Fränk “;))

    Lg

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