Im Finale unserer Serie zu Breitkomplextachykardien geht es um die unregelmäßigen und breiten Tachykardien – selten aber manchmal extrem gefährlich. Was das FBI damit zu tun hat und wie wir am besten therapieren, besprechen wir mit Klaus Fessele.
Unregelmäßige Breitkomplextachykardien
Vorhofflimmern mit Schenkelblock
-> Achtung: Je schneller die Herzfrequenz, desto schwieriger ist die Unregelmäßigkeit zu erkennen. Blatt Papier mit Strichen (oder Zirkel) benutzen!
Sicher sein, dass es wirklich Vorhofflimmern ist – Vergleich mit Vor-EKGs! (Sehen die QRS-Komplexe gleich aus, wie zuvor? Schenkelblock bekannt?)
Kammerfrequenz (altersabhängig) ca. 140-170-180/min
Therapie: Betablocker ODER Verapamil
ACHTUNG: Betablocker oder Verapamil KONTRAINDIZIERT bei VT!
FBI-Tachykardie: fast broad (bizarre) irregular
Kammerfrequenz >180 bzw. >200/min -> daran denken!
Vorhofflimmern + Schenkelblock + WPW (akzessorische Leitungsbahn)
Kontraindiziert: Betablocker, Verapamil, Adenosin, Digitalis (auch Amiodaron eher kritisch zu sehen)
Therapie: Elektrische Kardioversion (medikamentös Ajmalin möglich)

Torsade de pointes Tachykardie (polymorphe ventrikuläre Tachykardie)

Ursache: QT-Verlängerung (angeboren oder erworben durch Medikamente, Ischämie, Elektrolytstörungen) + meist bradykarder Grundrhythmus
Therapie (Torsade oft nicht anhaltend, aber rezidivierend):
1.) Magnesium 2g iv, Elektrolytstörungen ausgleichen.
2.) Meist ist es nötig den Grundrhythmus anzuheben (z.B. Atropin möglich, transvenöser Schrittmacher (in der Klinik)) um die rezidivierenden Torsaden zu beenden.
3.) Medikamentös Lidocain (Xylocain) möglich (“Joker”) – 1-1,5mg/kg KG iv. Amiodaron vermeiden! (QT-Zeit Verlängerung!)
Wenn anhaltende Torsade – meist Kreislaufstillstand = DEFI!
Polymorphe ventrikuläre Tachykardie ohne QT-Verlängerung
Vor allem bei kardialer Ischämie, meist rasche Degeneration ins Kammerflimmern -> ACLS Algorithmus.
Nerdfallmedizin Breitkomplex-Algorithmus

Alle Dosierungsangaben ohne Gewähr. Jede Dosierung muss vor Anwendung überprüft und ggf. korrigiert werden. Alle genannten Medikamente sind nur durch erfahrene Anwender unter Monitoring anzuwenden! Siehe auch unsere Nutzungshinweise/Haftung.
Mehr Videos:
Rhythmische Breitkomplextachykardien: VT and more (Teil1)
Rhythmische Breitkomplextachykardien: Therapie und Sonderfälle (Teil2)
Vielen Dank für eure tollen Videos, die immer wieder spannend und so hilfreich sind. Ich hätte eine Frage, warum sind Betablocker und Verapamil bei VT kontraindiziert? Vielen Dank schonmal.
Hey Corinna,
kurz gesagt: Bei VT wirken Betablocker und Verapamil nicht auf den Rhythmus (der ja aus der Kammer kommt). Gleichzeitig bewirken diese u.a. Hypotonie – etwas, was bei einer VT die ev noch einen Auswurf/Puls hat – fatal sein kann. Kurz: BB/Verapamil wirken nicht und produzieren Nebenwirkungen.
Auch ich habe eine Frage zu Kontraindikation von Adenosin, ß-Blocker, Verapamil: ich hatte den Fall einer Patientin mit Vorhofflattern mit aberranter Überleitung (und somit im EKG einer regelmäßigen Breitkomplextachykardie) aber ohne Schenkelblock. Die Gabe von Medikamenten, die am AV-Knoten wirken, müsste der Argumentation entsprechend doch nicht nur im Falle einer FBI, sondern in allen Fällen von Vorhofflimmern oder Vorhofflattern mit aberranter Überleitung kontraindiziert sein. Ist das richtig?
Hallo Hannah! Aberrante Überleitung ist ja so was wie ein funktioneller Block (hier einige Aspekte zur abberanten Überleitung https://ekgecho.de/thema/aberrant-ventricular-conduction-aberrancy/) . Bei Vorhoflattern mit 2:1 ÜL über den AV Block kann man natürlich den AV Knoten bremsen mit allen og Substanzen. Ausnahme der Pat mit bek. WPW, da gilt lieber Ajmalin oder Strom.
Hallo zusammen,
Ich habe eine Frage zum FBI:
Warum ist erst nach einer kontraindizierten Blockade des AV-Knotens (Adenosin, ß-Blocker, Verapamil) die Gefahr des Kammerflimmerns so hoch?
Mit gleichzeitiger Überleitung via AV Knoten und via akzessorisches Bündel könnte das Ventrikel-Myokard doch ebenfalls in einer vulnerablen Phase erwischt werden?
Im Voraus vielen Dank!
Hallo,
weil der AV-Knoten meist zumindest etwas bremst und nach Erregung via AV-Knoten immer einige Zellen refraktär sind. Wenn die akzessorische Leitungsbahn das Einzige ist, das noch leitet kann, wird potentiell z.B. das tachykarde Vorhofflimmern ungebremst weitergeleitet mit Frequenzen weit jenseits der 200.
Und hier nochmal die (schlauere) Antwort von Klaus 🙂
Natürlich hast du recht, ein Herzstillstand kann auch spontan durch Degeneration der FBI mit VHF in Kammerflimmern auftreten. Daher haben ja zB WPW-Patienten mit schnell leitender akzess. Leitungsbahn und niedriger Refraktärzeit ein erhöhtes Risiko des plötzlichen Herztodes und müssen eine Risikostratifizierung und im Regelfall eine Ablation erhalten. Dennoch steigt das Risiko in der FBI-Situation, wenn der AV-Knoten ad on blockiert wird.