“Red. AZ” – extrem häufige Arbeitsdiagnose, aber was tun?

Die Einweisungdiagnose oder Notfallmeldung “reduzierter AZ” ist gefühlt eine der häufigsten in der prä- und innerklinischen Notfallmedizin… und sicherlich eine der unbeliebtesten. Doch – gerade die AZ-Minderung kann man meist fokussiert abarbeiten und den oft betagten Patienten langwierige Diagnostik-Marathons ersparen.

“AZ-Minderung” entspricht meistens einer qualitativen Bewusstseinsstörung: Verminderte Bewusstseinsklarheit (vgl. quantitative Bewusstseinsstörung = Vigilanzminderung).

Häufige Einweisungsdiagnosen: “AZ-Minderung”, “Exsikkose”, “Ausschluss Schlaganfall” (ohne sign. fokale Neurologie).

“KEIM”: Vier häufige Gründe für AZ-Minderung

(vor allem, falls Patient vorher noch relativ fit war):

  • Kardiales Ereignis (z.B. Herzinfarkt, Herzinsuffizienz)
  • Elektrolytentgleisung (klassisch: Hyponatriämie)
  • Infektion (klassisch: Harnwegsinfektion, Pneumonie)
  • Medikamente (Nebenwirkung, NEUE oder geänderte Medikation, nicht angegebene / falsch verabreichte Medikation, insbes. Psychopharmaka, Diuretika)

Die “Exsikkose” ist oft eine Verlegenheitsdiagnose, ähnlich wie “Koprostase” oder “Gastroenteritis” bei unklarem Bauchschmerz….
Also, in der Notaufnahme und ev. auch präklinisch vor allem fragen:

  • Gibt’s einen Hinweis auf Infekt (Fieber, Husten, Schmerz bei Miktion…)
  • Neue oder geänderte Medikation (!! wird sehr oft vergessen !!)
  • Hinweis auf kardiales Ereignis?

Diagnostik präklinisch:

  • EKG!
  • Fieber messen!
  • Vitalwerte inkl. AF!
  • unbedingt Mediplan mitnehmen!

Diagnostik in der Klinik:

  • Saubere Untersuchung und Anamnese
  • vBGA mit Elektrolyten
  • EKG
  • Labor inkl. Infektwerte, ggf. kardiale Marker

Inspiration für dieses Video: Prof. Christ, DGINA Blog 2012

Erweitere Delir-Abklärung

Bei weiter unklarem Status, vor allem bei bereits schwer erkrankten / beeinträchtigten Patienten: Erweiterte Delir-Abklärung, z.B. mit IWATCHDEATH.

I WATCH DEATH

  • Infection
  • Withdrawal (Benzos, Neuroleptika, C2/Alkohol)
  • Acute Metabolic (Elektrolyte, Niereninsuff, Säure/Base, Glykose…)
  • Trauma (Schädel-Hirntrauma, Fraktur/Schmerz, Harnverhalt, Obstipation)
  • CNS (ZNS-Pathologie – Tumor, Encephalitis, Meningitis…)
  • Hypoxie (COPD, Herzinsuff…)
  • Deficiencies (B12, Folsäure, Exsikkose, Mangelernährung)
  • Endokrin (Schilddrüse, Nebenniere, Krebs)
  • Acute Vascular (Herzinfarkt, Schlaganfall, ICB)
  • Toxine/Medikamente (vor allem Anticholinergika, Benzodiazepine, Psychopharmaka)
  • Heavy Metals (Schwermetalle)

Ablauf Delir in der Notaufnahme (erweitert)

  • Fremdanamnese wenn möglich! Angehörige haben wichtige Informationen!
  • Medikamente checken
    • Alle Medikamente inkl. Nicht-rezeptpflichtige
    • Irgendwas verändert/neu/weg? Zu viel / zu wenig verabreicht? Doppelverschreibung?
  • Untersuchung
    • Vitalwerte
    • Kardio? Pulmo? Neuro?
    • Exsikkose
    • Obstipation? Harnstau?
    • (Delir-Screening: z.B. 4AT Test)
  • Standard-Labor
    • BB, Niere, Glucose, CRP
    • TSH, B12, Leber, Calcium, Albumin
    • Ustatus / Ukultur
    • Blutkultur
  • Weiteres nach Bedarf:
    • CCT
    • ? EEG
    • ? LP
    • Erweitertes Labor (Medi-Spiegel, Tox…)

Tipp! 30% Reduktion Delir durch:

  • Saubere Brille
  • Hörgeräte
  • (adäquate) Ernährung
  • Verminderung Lautstärke
  • Frühmobilisation
  • „Guter“ Schlaf ohne Medikamente

Weitere Infos zum Thema Delir

Psychiatrie to go: Delir (extrem viele Infos – unbedingt empfehlenswert!)

Delir im Krankenhaus (Ärzteblatt 2019)

Autor: Martin Fandler

I like EM, critical care, prehospital EM, medical education and #FOAMed too.

5 Gedanken zu „“Red. AZ” – extrem häufige Arbeitsdiagnose, aber was tun?“

  1. Super Video und Artikel! Hat mir sehr bei der Erstellung eines Unterrichtes für die Notfallpflege geholfen 🙂
    Zu gerne wird die Az Reduktion leider nicht ernst genommen. TippTopp

  2. Finde, das ist mal wieder eine tolle Darstellung. Reduzierter AZ oder unklare Neurologie sind ja präklinisch häufige Fälle, die für alle Rettungsmittel von KTW bis RTH relevant sein können und vor Ort immer wieder Fragen aufwerfen. Ihr stellt das, wie immer, praktisch und gut merkbar dar – Danke!

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