Welcher Zugang bei Reanimation?

Auf FOAM-RD stellt Jürgen Gollwitzer immer wieder spannende Themen vor. Diesmal hat er in seinem Post eine aktuelle Studie zu Reanimation vorgestellt.

Wir fanden den Post super und wollen ihn gerne mit euch teilen. Ausserdem wollen wir euch neben unseren Kommentaren auch kurz verraten, wie wir aktuell Reanimation betreiben und dazu in den nächsten Wochen kurz die einzelnen Spannungsfelder besprechen.

Die Studie hat die Gabe von Lidocain, Amiodaron und Placebo und den dafür gewählten Zugang (i.o. / i.v.) verglichen. Spannend war der signifikante Vorteil der Antiarrhythmika bei intravenöser Gabe gegenüber intraossärer Gabe. 

Jürgen hat in seinem Post auf die immer wieder gesehene Vorteile der intravenösen Gabe gegenüber der intraossären Gabe hingewiesen – das macht natürlich nachdenklich.

Erstmal stimmen wir Jürgen zu – das sind Luxusprobleme für High-Performer und die Basics (früher Schock, durchgehende und gute Kompressionen) sind VIEL wichtiger.

Spannend ist die Frage des optimalen Erstangriffs aber trotzdem.

Wie ist nun unser Vorgehen im Rettungsdienst?

Wir waren große Fans von i.o., die Gründe dafür sind die sehr schnelle Anwendung (die sich in der Studie aber nicht bestätigte) und der dann sicher sitzende Zugang. Ausserdem haben wir das „Bohren“ immer gerne delegiert und damit die praktische Erfahrung im Team aufrechterhalten.

Spätestens nach ROSC wurde dann auf einen intravenösen Zugang gewechselt – wenn dieser ohne große Zeitverzögerung gelegt werden konnte.

Die Studie regt aber zum Nachdenken an und tatsächlich werden wir künftig wieder nach einer geeigneten Vene schauen (Jug. externa geht ja fast immer) und bei gut erreichbarer Vene ein bis zwei Punktionen versuchen.

Selbstverständlich spielt dabei aber auch die Situation vor Ort eine Rolle und wird in das Vorgehen einbezogen.

Welches Medikament nehmen wir primär (Amio oder Lido)? Aktuell noch Amiodaron, aber hier wird vermutlich durch die neuen Guidelines in diesem Jahr nochmal die (bereits bestätigte) Gleichwertigkeit von Lidocain betont werden.

Lidocain ist gegenüber Amiodaron auch bei Long-QT super geeignet und die Nebenwirkungsrate (insb. Krampfanfälle) scheint insb. bei Reanimationssituation vernachlässigbar.

Wie machen wir es in der Klinik?

Dort haben die Patienten ja meistens schon einen Zugang, ansonsten schauen wir dort immer primär nach einem intravenösen Zugang und wechseln bei genug Personal dann meist sehr schnell auf ZVK+Arterie in der linken Leiste („Dirty Double“, links damit rechts für die Coro frei bleibt) – ausser bei evtl. notwendiger vaECMO (dann bleibt die Leiste frei!).

Autor: Philipp Gotthardt

Ich bin begeisterter Notfallmediziner aus Nürnberg. Ich arbeite in der Notaufnahme, Intensivstation und als Notarzt sowie ärztlicher Dozent und versuche mich mit Nerdfallmedizin an der FOAMed Welt zu beteiligen.

2 Gedanken zu „Welcher Zugang bei Reanimation?“

  1. Anästhesiologisch hat man es ja praktisch mit jedem Venenstatus vom Säugling bis zum Hochbetagten zu tun. Werde häufig selbst von ärztlichen wie pflegerischen Kollegen um Hilfe gebeten wenns mal schwieriger ist. Ich gebe meinem Vorredner recht, dass ein gewisses Patientengut direkt von einem io-Zugang profitiert. Allerdings finde ich, dass gerade präklinisch die Expertise deutlich höher sein könnte, weil man sich regelhaft auf 20er Kanülen in der Beuge ausruht – dann klappt die 14er im Hals im Notfall oder gar an der Hand wohl eher nicht. Lange Rede kurzer Sinn: meine NotSan-Azubis punktieren in der praktischen Ausbildung so viel wie möglich, denn die Pvk-Anlage ist mE das wichtigste invasive Skill der Notfallmedizin, was auch in der Reanimation “sitzen” sollte, ohne direkt auf den Bohrer zu schielen.

  2. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich bei Reanimationen eine höhere Ansprechrate auf die Medikation habe, wenn ich einen I. O. Zugang im proximalen Humerus platziere und nicht in der Tibia.

    Für mich hat sich über die Jahre folgendes Schema etabliert: wenn kein intravenöser Zugang innerhalb 60 Sekunden, dann intraossärer Zugang. Wenn dann genügend Personal vorhanden 2. Zugang, möglichst iv, delegieren und parallel Reanimationen fortführen.
    Bei ausgeprägter Adipositas und schweren peripheren Venenverhaltnissen direkt I. O. – Zugang.

    Generell habe ich bessere Erfahrung mit einem I. O. Zugang im Humerus als in der Tibia.

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