Kindernotfall: Analgesie

Trotz COVID-19 sind wir regelmäßige mit anderen Notfallpatienten konfrontiert – und gerade jetzt, wo es schön wird, nehmen die Verletzungen von Kindern zu. Wie man mit Analgesie bei Kindern umgeht und was die Gewichtsabschätzung bei Kleinkindern mit Bierkisten zu tun hat, besprechen wir mit dem Experten Dr. Bernd Landsleitner.

Mehr Details, Kinderdosierungen und Quellen gibt’s in den Shownotes:

Schmerz bei (Klein)Kindern erkennen:

Tipp: Untröstbares Kind = V.a. Schmerzen!

Einschätzung der Eltern hilfreich!

Quantifizierung möglich via “KUS” (Kindliche Unbehagen- und Schmerzskala) (Mehr Infos auf Doccheck).

SEDIERUNG IST KEINE ANALGESIE!
Primär immer Analgesie!! Zusätzliche Sedierung nur im Ausnahmefall (z.B. Panik bei Einklemmung&Rettung).

Medikamente:

Wichtige Eigenschaften:

  • Mehrere Applikationsformen (u.a. intranasal)
  • Hohe therapeutische Breite
  • Erfahrung des Anwenders

Opioide (Fentanyl, Sufentanyl etc.): Relativ geringe therapeutische Breite. Multiple Applikationsformen (inkl. i.n.)

(Es)ketamin: Große therapeutische Breite. Multiple Applikationsformen (inkl. i.n.).
Kleinkinder: Primär Esketamin-Gabe, danach Benzodiazepin falls Situation/Umgebung/Angehörige nicht beruhigt/beruhigbar sind.
Achtung: Midazolam brennt bei intranasaler Gabe.

Gewichtsabschätzung bei Kindern:

Eltern fragen!

Gewichtsabschätzung nach Länge (Normtabellen) -> Notfallkarten etc.

Einfache Variante

(falls keine Karte etc. verfügbar)

1.) Kind kann noch nicht herumlaufen (<1 (-1,5) Jahre)

… wiegt in etwa so viel wie ein “Sixpack” (Sechserträger) mit 6 (-8) kg (bzw. ein bisschen mehr)

Dosierung: 10(-25mg) Esketamin i.n.
“bis eine halbe Ampulle” (bei 50mg/2ml)

2.) Kind kann schon herumlaufen (>1,5 Jahre, vor Vorschulalter)

... wiegt in etwa so viel wie eine Kiste Bier mit ca. 15 kg

Dosierung: 25 (-50mg) Esketamin i.n.
“bis eine ganze Ampulle” (bei 50mg/2ml)

Fallbeispiele:

Fahrradsturz, V.a. Radiusfraktur: Primär Esketamin nasal (bei größeren Kindern ev auch Opioid nasal denkbar)

Polytrauma: i.v. Zugang (oder i.o.): Primär Esketamin i.v.

Mehr Informationen:

Nerdfallmedizin Kinder-Notfallkarten (inkl PDF Download)

ÄLRD Bayern pädiatrische Notfallkarte (PDF)

Traumateam Kinder-Notfallkarte (PDF)

Autor: Martin Fandler

I like EM, critical care, prehospital EM, medical education and #FOAMed too.

8 Gedanken zu „Kindernotfall: Analgesie“

  1. Hi,
    Stichwort Gewichtsabschätzung: Was wirklich SUPER funktioniert:

    Bis 1 Jahr: LA in Monate : 2 + 4

    Bis 5 Jahre: (LA in Jahre + 5) × 2

    Ab 5 bis ca. 13 Jahre: LA in Jahre × 4

    1. Haben das auch unseren Experten gefragt: Wenn das Kind wirklich massivst verrotzt ist (zb beim respiratorischem Infekt) kann man vorab ein bisschen Nase putzen, meistens klappt es aber sehr gut, auch mit bisschen Rotz 🙂

  2. Weiterer Knackpunkt gerade bei kleinen Volumina per MAD:
    Ein MAD hat ein Füllungsvolumen von 0,1-0,12ml bevor das Medikament wieder rauskommt.
    Bei Fentanyl wären das schon so 5-7µg hin oder her. Bei Ketamin weniger das Problem, aber gerade bei Babys doch ein relevanter Dosisunterschied.

    Bei der bayerischen pädiatrischen Notfallkarte ist das sogar schon mit “eingepreist”.

    1. Ja, ist möglich (und z.B. bei Benzo-Rektiolen auch regelmäßig genutzt). Allerdings aus klinischer Erfahrung kein Vorteil gegenüber nasaler Applikation (und noch viel mehr Unsicherheit, wieviel Schleimhaut erwischt wird = wieviel Medikament ankommt, außerdem für die Kids unangenehmer). Daher aus unserer Sicht kein Grund für (regelhafte) rektale Medi-Applikation solang ein MAD verfügbar ist.

      1. Desweiteren ist es auch ein Erreichbarkeitssache:
        So ne Kindernase ist prominent im Gesicht und sofort erreichbar. Für eine rektale Gabe muss das Kind entkleidet werden was Zeitaufwand ist (Man denke an ein im Herbst/Winter gut eingepacktes Kind.), ein Mehr an Bewegung/Mobilisation (gerade beim Trauma) und auch in Sachen Vertrauen (nackig machen!) nicht so gut ist.

Schreibe eine Antwort zu dens_r_d Antwort abbrechen