Diese Woche gibt es mal ein EKG-Beispiel einer Patientin, der sich mit Abgeschlagenheit und thorakalen Beschwerden vorgestellt hat..
Die Überschrift lässt es schon erahnen… hier geht es um eine mögliche Ursache abseits von Ischämie für ST-Hebungen, die Perikarditis.

Was ist die Perikarditis?
Eine führende entzündliche Veränderung des Perikards, meist als Folge einer viralen Erkrankung (insb. Coxsackie-B 1-5, Parvovirus B19, HHV-6 etc.), seltener auch als Folge von bakteriellen Infekten oder rheumatischen bzw. autoimmunen Erkrankungen. Teilweise besteht eine myokardiale Mitbeteiligung, bei führender Perikarditis spricht man dann auch von einer Myoperikarditis. Abzugrenzen davon ist die Myokarditis, die auch als reine Myokarderkrankung mit aber auch ohne Troponin und ohne EKG Veränderungen auftreten kann, hier aber nicht weiter besprochen werden soll.
Folgen können insbesondere bei myokardialer Beteiligung in seltenen Fällen eine irreversibel eingeschränkte Pumpfunktion, oder Rhythmusstörungen mit schwersten Folgen für den Patienten sein.
Wie präsentieren sich die Patienten?
Typische Anamnese ist der Bericht über einen abgelaufenen Infekt vor einiger Zeit und seitdem eine persistierende Belastungsdyspnoe bzw. Belastungs-Angina (insbesondere bei Patienten mit unzureichender Schonung nach viralen Infekten).
Die typischen Beschwerden und Befunde sind:
- pleuritische (scharfe) Thoraxschmerzen, teilweise mit Besserung bei Vorbeugen
- Perikardreiben in der Auskultation
Wie erkenne ich die Perikarditis?
Leider sind die Präsentationen sehr unterschiedlich, zwischen kaum symptomatisch mit lediglich laborchemisch und im EKG auffälligen Befunden und kardiogenem Schock (deutlich seltener!) bietet sich ein breites Feld.
Im EKG:
- ST-Hebungen (konkav also wie der Mund eines zufriedenen Smileys) in mehreren Ableitungen, die keinem fixen Koronarversorgungsgebiet zugeordnet werden können
- PQ Senkungen
- “Spodick Zeichen” (Abfallende TP Strecke)
- teilweise Sinustachykardie
Im Labor:
- meist erhöhte Troponin-Spiegel (als Zeichen akuter myokardialer Beteiligung)
- häufig erhöhtes pBNP und erhöhte CK
- Entzündungsparameter teils erhöht, teils auch unauffällig
In der Echokardiographie:
- typischerweise ein kleiner Perikarderguß im Rahmen der Entzündungsreaktion (hinweisend, aber weder beweisend, noch bei Abwesenheit ausschließend)
- teilweise reduzierte linksventrikuläre Pumpfunktion (sowohl global, als auch teils nur regional) bei myokardialer Mitbeteiligung
Was macht man mit den Patienten?
Eine akute Perikaditis kann klinisch diagnostiziert werden, wenn 2 der 4 folgenden Kriterien erfüllt sind:
- Perikardreiben in der Auskultation
- Pleuritische/Perikarditische Schmerzen
- Perikarderguß
- typische EKG Veränderungen (siehe oben)
Um insbesondere eine myokardiale Mitbeteiligung zu evaluieren wird meist ein Kardio-MRT durchgeführt oder in einer Myokardbiopsie die entzündliche Veränderung nachgewiesen.
Da aber die Abgrenzung zu einem ACS klinisch auch für erfahrene Kardiologen oft schwer ist, ist bei unklarem Befund erstmal auf ACS zu behandeln -> also im Akutfall auch eine Akut-Coronarangiographie anzustreben.
Die Therapie bei nachgewiesener (oder zumindest hoch wahrscheinlicher) Perikarditis besteht einerseits aus der Behandlung der Grundkrankheit und der Gabe von NSAR (Ibuprofen) und Colchicin sowie STRENGER KÖPERLICHER SCHONUNG und engmaschige Verlaufskontrollen insbesondere bei klinischer Verschlechterung.
Wie kann man eine Perimyokarditis im EKG von einem Myokardinfarkt unterscheiden?
Hierzu gibt es einen tollen Artikel der folgende Schritte empfiehlt:
Erstmal nach Kriterien FÜR einen STEMI suchen:
- ST-Senkungen (ausser in aVR und V1)?
- ST Hebung in III > II?
- ST-Hebungen horizontal oder konvex (nach oben gewölbt, wie ein trauriger Smiley-Mund)?
…liegen keine Kriterien für einen STEMI vor, kann man sich auf die Suche nach Kriterien für eine Perimyokarditis machen (wie oben genannt).
Wie ging es mit dem Fall von oben weiter?
Die genauere Anamnese gab klaren Hinweis auf einen Zusammenhang mit einer Autoimmunerkrankung, welche sich wohl im Progress befand.
Die Patientin wurde nach unauffälliger Monitorüberwachung und leichtgradig eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion aufgrund der typischen Befundkonstellation einem Kardio-MRT zugeführt, hier bestätigte sich der Verdacht einer Myoperikarditis.
Nach 6 Wochen körperlicher Schonung und Therapieumstellung/-erweiterung der Autoimmunerkrankung ist die Patientin mittlerweile beschwerdefrei bei normaler Pumpfunktion und unauffälligem EKG.
Der Fallbericht wurde abgeändert und lediglich relevante Kernaspekte belassen, um eine Anonymisierung zu gewährleisten.
“3. ST-Senkungen horizontal oder konvex (nach oben gewölbt, wie ein trauriger Smiley-Mund)?”
Sind da tatsächlich ST-Senkungen gemeint oder nicht eher ST-Hebungen?
Sehr gut, vielen Dank für den Hinweis. Natürlich sind an dieser Stelle St-Hebungen gemeint! Tippfehler ist korrigiert! 🙂
Eine hervorragende und gut verständliche Artikel, auch für nicht-Kardiologe. Vielen Dank für Ihre Arbeit! Ich freue mich sehr darüber, dass ich Ihr YouTube-Kanal gefunden habe und viele Neuerunge für mich erfunden habe.
Das versteht doch kein Fussvolk! Schade das wir nicht alle Ärzte sind. Artikel für das “Gesäß”!
Danke für dein Feedback, wir versuchen immer ausgewogene Beiträge zu bringen. Allerdings wäre Nachfragen eine Option, wenn du was nicht verstanden hast! 😉
Viele Grüße
Ich habe es verstanden. Guter Beitrag! Der Rückenmacher
Ich finde den Bericht sehr einfach und gut geschrieben. Die Formeln für Blut und Messwerte kann man notfalls nachschlagen und ausschreiben lassen… Klar ist der Mensch kompliziert aufgebaut und Erkrankungen können darum auch nicht in wenigen Sätzen abgehakt werden….
Tja. Oder man versucht eben, seinen Horizont etwas zu erweitern. Um auch mal weiter denken zu können. Schwer verständlich fand ich den Artikel jetzt nicht gerade und das Thema auch alles Andere als irrelevant.