Post ROSC Management

ROSC! – und jetzt? Nach einer aufwändigen, stressigen und schließlich erfolgreichen Reanimation möchte man eine Runde High Fives verteilen und eine gewisse Enspannung setzt ein. Aber Achtung: Das Post-ROSC Management ist für Patienten mindestens so wichtig, wie die Reanimation selbst. Patienten nach ROSC sind rohe Eier und die Versorgung keineswegs trivial!

Wir haben versucht die wichtigsten Punkte abzuarbeiten. Dabei gibt es oft nur wenig Evidenz und wir versuchen, euch mit unserem Weg eine gute Lösung vorzuschlagen. Natürlich sind wir auf Feedback und Rückmeldung sehr gespannt!

EKG!

Nicht oft genug kann der Stellenwert eines 12 Kanal EKGs nach ROSC betont werden! Nach jedem unklaren, atraumatischen Kreislaufstillstand beim Erwachsenen ist ein 12 Kanal EKG aus unserer Sicht verpflichtend!

Fazit: Kein Trauma, keine sichere Ursache? Dann IMMER 12-Kanal-EKG!

Transportziel:

Seit der Einführung von Cardiac Arrest Centern stellt sich natürlich die Frage, ob auch andere Kliniken noch Patienten nach ROSC versorgen sollten. Hierzu kann man aus unserer Sicht keine klare Antwort geben. Nachfolgend daher ein paar Gedanken und ein Fazit.

  • Patienten nach ROSC brauchen oft eine Herzkatheteruntersuchung (Coro) und eine hochqualitative intensivmedizinische Versorgung und sollten daher in ein entsprechendes Krankenhaus gefahren werden
  • Wenn ein Cardiac Arrest Center verfügbar und gut erreichbar ist, sollte es als Transportziel vorgezogen werden
  • Zwingend erforderlich ist bei der Auswahl der Zielklinik die vorhandene diagnostische und therapeutische Kapazität in der Klinik um die vermutete Ursache des Kreislaufstillstandes zu behandeln (CT, Dialyse etc.)

Intubation?

Das richtige Atemwegsmanagement während und nach einer Reanimation ist großes Streitthema und auch berufspolitisch vorbelastet.

Daher hier nur ein paar Fakten:

  • Aspiration mit Supraglottischen Atemwegen (SGA) während Reanimation ist vermutlich häufiger als wir denken
  • Intubation sollte eine notwendige Patientenversorgung nicht unnötig verzögern
  • Lieber guter SGA bis zur Klinik als Fehlintubation oder schlechte Narkose durch Ungeübte
  • Die Kombination aus SGA und mechanischer Reanimation ist vermutlich nicht optimal

Fazit: Spätestens nach ROSC sollte (bei ausreichender Kompetenz) intubiert werden, wenn für den Patienten dadurch keine zusätzliche Gefahr entsteht!

Klinische Untersuchung:

Nach einem ROSC sollte eine klinische Untersuchung erfolgen! Dabei sollte aber der unmittelbar nach ROSC vorliegende Pupillenbefund alleine bzgl. der neurologischen Prognose nicht überschätzt werden! Hilfreich ist z.B. das ABCDE-Schema (BZ nicht vergessen!!).

Fazit: Weite Pupillen alleine direkt nach ROSC haben keine Aussage auf Hirnschaden! Und: Nach ROSC – ABCDE!

Beatmung:

Wie sollte nach einer Reanimation beatmet werden? Eigentlich so wie immer, nur muss im Verlauf noch mehr auf eine Normoventilation geachtet werden (keinesfalls Hyperventilation), ggf. milde Hypoventilation?

Im Rettungsdienst spielt dieser Faktor sicher nur bei langer Transport Zeit eine größere Rolle (etCO2 Ziel um 45mmHg), spätestens in der Notaufnahme sollte aber ein hoch normales paCO2 von 45mmHg (bis ggf. 55mmHg) angestrebt werden und eine Hyperventilation vermieden werden! Dabei sollte auch der pH und die Grunderkrankung des Patienten beachtet werden (für einen chronischen COPDler ist 45mmHg CO2 teils schon Hyperventilation)

Wie sollte oxygeniert werden? spO2 > 95% und nicht unbedingt die 100% ist sicherlich eine gute Empfehlung. Ganz so schädlich wie bei Schlaganfall/Herzinfarkt scheint eine großzügige Oxygenierung nicht zu sein. Eine Luxusoxygenierung mit paO2 Werten über 300mmHg könnte aber schädlich sein.

Fazit: Keine Hyperventilation! Unbedingt ausreichende Oxygenierung >95%, aber 100% spO2 ist nicht zwingend notwendig.

Blutdruck?

Auch die Frage nach dem optimalen Blutdruckmanagement wird heftig diskutiert. Konsens ist, dass der MAP mindestens über 65mmHg gehalten werden sollte. Es gibt Hinweise, dass Patienten von einem höheren MAP nach ROSC profitieren könnten. Hier muss insbesondere bei Patienten mit Hypertonie ein eher höherer Zielblutdruck angestrebt werden.

Fazit: Nach ROSC MAP >65mmHg anstreben, bei Hypertonikern eher mehr.

Wann Coro?

Kardiale Ursachen sind für Kreislaufstillstände bei Erwachsenen sind in unseren Breiten am wahrscheinlichsten. Ein STEMI (oder Hochrisiko-EKG oder dyamische ST-Streckenveränderungen) sollte frühestmöglich nach ROSC in ein Herzkatheterlabor. Daher ist der Stellenwert eines postROSC EKGs so hoch!

Wenn aber kein STEMI vorliegt, ist der Stellenwert und der Zeitpunkt einer notwendigen Coro unklar, momentan wird meist keine sofortige Coro durchgeführt und der Patient zunächst intensivmedizinisch stabilisiert.

Fazit: Kein STEMI nach ROSC heißt erstmal Ursachensuche (und oft im zeitnahen Verlauf Coro.)

Bildgebung nach ROSC – immer CT?

Ganzkörper CTs nach ROSC zeigten häufig erstaunliche Befunde. Eine klare Empfehlung zur optimalen Bildgebung gibt es nicht. Klar sollte aber sein, dass gerade bei unklaren Situationen eine großzügige Bildgebung sinnvoll sein kann.

Wichtig ist ein cCT bei jedem Schädeltrauma (Sturz bei Kreislaufstillstand?), da eine intrakranielle Blutung das weitere Management stark Beeinflussen kann (Antikoagulation/Lyse ggf. nicht möglich).

Unbedingt sollte bei jedem Patienten nach ROSC frühzeitig (= im Schockraum nach Eintreffen in der Klinik) eine RUSH Sonographie durchgeführt werden! – Die geht schnell und kann wichtige Informationen liefern!

Fazit: Sonographie hilft immer! 😉 Großzügige CT Untersuchung ist gerade bei unklaren Situationen sinnvoll!

wieviel Grad nach ROSC – TTM?

Mit einer Empfehlung einer richtigen Zieltemperatur kann man sich nur in die Nesseln setzen. Wir wollen daher hier nur kurz ein paar vermutlich richtige Aussagen sammeln:

Antibiose?

Im Rahmen von Reanimationen scheint es öfter zu Aspiration zu kommen, als uns bewusst ist. Eine prophylaktische Antibiotikagabe konnte in Studien die Rate an Aspirationspneumonien verringern. Für das Patientenoutcome wurde aber noch kein Vorteil gezeigt. Sicherlich sollte hier auch die Dauer und die Umstände (Atemweg) der Reanimation berücksichtigt werden.

Die neuen 2020 AHA Guidelines sprechen sich aktuell gegen eine routinemäßige Gabe aus.

Fazit: Immer an Aspirationspneumonie denken und frühzeitig antibiotisch abdecken (aber nicht prophylaktisch).

Weitere Quellen:

Vortrag: ROSC: Nur das erste Tor, nicht das Spiel … (DEDD 2019)

Übersichtsartikel Ärzteblatt

Zusammenfassung von Lifeinthefastlane

ILCOR Update

Zusammenfassung der AHA 2020 Leitlinien

Autor: Philipp Gotthardt

Ich bin begeisterter Notfallmediziner aus Nürnberg. Ich arbeite in der Notaufnahme, Intensivstation und als Notarzt sowie ärztlicher Dozent und versuche mich mit Nerdfallmedizin an der FOAMed Welt zu beteiligen.

9 Kommentare zu „Post ROSC Management“

  1. Eine Frage: Wenn der Patient nach einem ROSC wieder in den Stillstand kommt, wird dann der ALS Algorithmus wieder von Anfang an gestartet inkl. Medikamentengabe? Obwohl der Patient vor dem ROSC bereits Adrenalin und Amiodaron erhalten hat?

  2. Hi! Wie immer super Video!
    Wie steht ihr zum Loading mit ASS und Heparin ohne STEMI-Nachweis im post-ROSC -EKG? Gibt es da offizielle Empfehlungen? Ich wurde heute vom Kardiologen im Schockraum danach gefragt und hatte – ehrlich gesagt – keine schlaue Antwort parat 🙂
    Schöne Grüße aus Essen

    1. Danke für das positive Feedback! 🙂
      Kenne keine Empfehlungen „pro“ ASS/Heparin bei post-ROSC. Es gibt aber schon recht gewichtige Gründe, das NICHT zu geben (z.B. ICB als Ursache für den Arrest, Aortendissektion, Pneumothorax… -> insbesondere aber Reanimationsverletzungen (von Organverletzung bis zu Rippenfrakturen und Hämatothorax).

      Lange Rede, kurzer Sinn: ASS/Heparin aus meiner Sicht nur bei STEMI- oder Hochrisiko-EKG mit hochgradigem ACS-Verdacht. Eventuell könnte man darüber bei typischer Symptomatik nachdenken z.B. hochsuggestive Anamnese („seit 5 Tagen AP, heute dann stärkste AP, dann zusammengesunken; initial Kammerflimmern/VT, viele kardiovaskuläre Risikofaktoren…)

  3. Hallo!
    Vielen Dank für die gute Aufarbeitung der Themen, ich tue mich immer schwer die wichtigen Fakten aus den Leitlinien rauszufiltern… Daher auch meine Frage: Wenn der Patient im ROSC intubiert werden soll: Welche Medikamente würdet ihr für die Narkose wählen und wie dosieren?
    Viele Grüße

    1. Gute Frage: Sehr individuell und keine klare Vorgaben durch die Leitlinien. Manchmal ist gar keine Narkose nötig (keine Reaktion); bei Abwehrbewegungen arbeite ich ganz persönlich nach Stabilität: „Halbwegs stabil“ = z.B. Esketamin 0,5mg/kg, Rocuronium 1,2mg/kg. Je instabiler und je weniger aktive Abwehrbewegungen weniger Analgosedierung, Fokus auf Rocuronium.

  4. Hey ihr beiden,
    Ich bin erst vor kurzem auf euren Kanal durch einen Zeitungsartikel aufmerksam geworden und muss sagen, dass ihr mit jedem Video überzeugt.
    Die shownotes sind echt Klasse, aber ich wollte fragen, ob ihr eine Download-Option anbieten könnt, sodass man sich die shownotes auch offline durchlesen kann.
    LG

    1. Hey, haben bisher keine Möglichkeit gefunden das ohne viel Mehraufwand hinzubekommen..
      Vllt schreiben wir aber mal in einem Skript alles zusammen..
      Danke dir jedenfalls sehr für das Lob!!!

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