Asthma – und lebensbedrohliche Anfälle

Auch wenn man momentan bei Atemwegserkrankungen vor allem an COVID-19 denkt… Asthmatiker gibt es weiterhin – und wir brauchen gerade für den schweren Asthmaanfall ein Konzept. Einige Therapievorschläge für den Notfall gibt’s im neuen Video!

Pathophysiologie:

Variable und reversible (vgl. COPD) Atemwegsobstruktion mit bronchialer Hyperreagibiliät bei meist allergisch / infektgetriggerter Entzündung der Bronchialschleimhaut. Ursachen multifaktoriell, u.a. genetisch, öfter Männer, Nikotin, berufliche inhalative Noxen, Allergen + Infekte.

Status Asthmaticus = Persistierende Symptomatik trotz Therapie >12-24h

Symptome

Dyspnoe + Exspiratorisches Giemen, verlängertes Exspirium, teils bei Infektexazerbation Brummen/feuchte RGs. Husten, ggf. Auswurf.

Achtung bei:

  • Atemfrequenz erhöht (>20/min)
  • Einsatz der Atemhilfsmuskulatur („Kutschersitz“, Festklammern an RD-Liege)
  • Tachykardie >120
  • NOCH gefährlicher: Bradykardie („bevorstehender hypoxischer Arrest“)
  • Zyanose
  • Vigilanzstörung
  • „Silent lung“ bei Auskultation

Therapie = „Antiobstruktiv + NIV“

– Antiobstruktive Inhalation (Salbutamol od. Fenoterol, Ipratropiumbromid)

– Wiederholung Salbutamol od. Fenoterol alle 10-15min

– Wiederholung Ipratropiumbromid alle 30 min

– Steroid oral oder i.v. (50-100mg Prednisolon – dann 50mg po. über 5 weitere Tage) bei Risikozeichen / Sauerstoffbedarf

– Bei V.a. paralleler Infekt: Kalkulierte antiinfektive Therapie in der Notaufnahme nach BK-Entnahme

Therapieeskalation:

– Magnesium 2g iv. über 20 (!) Minuten

– NIV: z.B. mit PEEP 3 mbar, Psupp 5 mbar (anpassen nach Pat.komfort), FiO2 50% (bei Hypoxie mit SpO2 <80% -> FiO2 100%)

ev. Ketamin 0.5 – 1 mg/kg als Kurzinfusion (5-10 Min), dann Infusion mit 1-2mg/kg über eine Stunde. (ESketamin mit vermutlich geringerer bronchodilatatorischer Wirkung – wenn, dann in halbierter Dosis = 0,25-0,5mg/kg initial als KI, dann 0,5-1mg/kg über eine Stunde)

– ev. Reproterol 0,09 mg i.v als Kurzinfusion oder als Perfusor (0,45mg (5×0,09 Ampullen) auf 50ml mit NaCl, Perfusor auf 2-10 ml/h = 0,018-0,09mg/h)

Worst Case:

– Intubation und Beatmung. Narkoseeinleitung mit (Es)ketamin (ev. antiobstruktiv). Präoxygenierung mit NIV, FiO2 100%

– Beatmung bei Obstruktion: Niedrige Atemfrequenz (8-10), I:E lang (mindestens 1:2, eher 1:3-1:6). Bei massivster Obstruktion ev. nur „händische“ Beatmung mit Beutel möglich wegen hohem Atemwegsdruck.
CAVE: Pneumothorax-Gefahr!
CAVE 2: „Stacking“ (Auto-PEEP) durch nicht vollständige Exspiration. Auf die Flow-Kurve achten!

– Bei jungen Patienten ev. VV-ECMO erwägen falls verfügbar.

Weiterführende Informationen:

– S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma. 2017. https://www.atemwegsliga.de/asthma.html

– Asthma Bronchiale – ein Update. News-Papers. https://news-papers.eu/?p=2048 sowie https://news-papers.eu/?p=2066

Autor: Martin Fandler

I like EM, critical care, prehospital EM, medical education and #FOAMed too.

7 Kommentare zu „Asthma – und lebensbedrohliche Anfälle“

  1. Danke für das Video. Ich habe eine Frage zur Dosierung von Esketamin zur Narkoseeinleitung bei Status Asthmaticus.

    Grüße

    1. Hi,
      ganz pragmatisch die Antwort von mir: S-Ketamin 1,5mg/kgKG also eher etwas mehr als etwas weniger.
      Zur Sedierung zur NIV starte ich meist mit 0,5mg/kgKg langsam als Kurzinfusion (bei reiner Analgesie reicht auch die Hälfte also 0,25mg/kgKG als Startdosis)
      Die Wirkung von Ketamin auf die Bronchien wird aktuell immer wieder diskutiert, mehrheitlich wird sie als belegt angesehen – es gibt aber auch kritische Stimmen.
      Persönlich sehe ich das so: Wenn ein Asthma intubiert wird, dann ist Ketamin sicher eine gute Wahl. Auch zur Sedierung unter NIV ist es gut geeignet – und wenn man eh ein Narkotikum bzw. Sedativum braucht.. warum nicht das gute alte Ketamin. 😉
      Hier noch ein paar Links zum Thema:
      http://news-papers.eu/?p=1202
      https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3777369/

    1. Ehrlich gesagt ziemlich skeptisch. Die Luftnot ist beim schweren Asthma-Anfall ja absolut berechtigt (weil Hypoxie), Sedierung aller Art könnte da als „Tropfen, der das Fall zum Überlaufen bringt“ die kritische Spirale u.a. aus Hypoxie, Delir, Bradykardie und Arrest einleiten.
      Wenn, dann höchstens im Rahmen einer nichtinvasiven Beatmung z.B. zur Maskentoleranz, wo die Hypoxie (oder etwaige Hyperkapnie) besser kontrollierbar ist.

      1. Die Diskussion hier ruht ja schon ein bisschen. Ich bin vor kurzem über das Video gestolpert.

        Ich erinnere mich, dass in unserem Notarztkurs damals zur Anxiolyse bei Asthma Promethazin (Atosil) 0,5 Ampulle empfohlen wurde.

        Des Weiteren würde ich gerne wissen ob ihr auch automatisch Antihistaminika gebt? Grade bei der oft allergischen Genese. Klar die Anamnese wird bei einem stark dyspnoeischen Patienten kaum durchführbar sein, aber zumindest mir jucken die Finger probatorisch Fenistil oder Tavegil (jeweils 2 Amp.) zu geben. Adrenalin 0,5 mg i.m. evtl. zusätzlich?

        Wie handhabt ihr das?

        VG

      2. Hi,
        Tatsächlich alte ich Atosil bei dieser Situation für eher weniger geeignet. Die sedierende Wirkung lässt sich mit zB Benzos wesentlich besser steuern.
        Auch die Gabe von Antistaminika halte ich für nicht notwendig. Sowohl bei der Anaphylaxie, als auch bei Asthma gibt es in den Leitlinien keine Empfehlung. In der Anaphylaxie basiert die vorhandene Empfehlung vorallem auf einer symptomatisch Idee und sehr schwacher Evidenz.
        Adrenalin im sehe ich bei Anaphylaxie natürlich als indiziert an, allerdings nicht beim reinen Asthmaanfall – hier wird die Inhalation mE ausreichen. Natürlich ist aber das Unterscheiden einer Anaphylaxie mit asthmatischer Komponente und die Exazerbation eines unkontrollierten Asthmas ohne allergischen Trigger in der Praxis oft nicht einfach.

        Viele Grüße,
        Philipp

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