Hallo und herzlich willkommen zu unserem 20. NERDfall! 🚀🥳
Wir freuen uns sehr, dass ihr wieder dabei seid und sind gespannt auf euer Vorgehen sowie eure Gedanken zum Fall. Schaut vorbei in unserer Telegram-Gruppe oder diskutiert hier in den Kommentaren. Viel Freude mit dem Fall!

An einem heißen Donnerstag Abend im Juni schrillen die Melder am Gürtel einer RTW-Besatzung einer städtischen Rettungswache. Auf dem Weg zum Fahrzeug wird das Gespräch über das letzte NERDfallmedizin Video zu Ende gebracht, um dann voller Konzentration Kurs auf ein Mehrparteienhaus im Osten der Stadt zu nehmen. Das Einsatzstichwort lautet „Abdomen Sonstiges“, der Einsatzort wird nach 7-minütiger Anfahrt mit Sonder- und Wegerechten erreicht.
Vor Ort rüstet sich das Team mit FFP2-Masken, Atmungs- und Kreislaufrucksack sowie EKG-Gerät und Absaugpumpe aus und klingelt bei der angegebenen Wohnung. Prompt wird ihnen die Tür geöffnet, im Eingangsbereich des Hauses tritt eine ältere Dame (~70Jahre) aus ihrer Wohnungstür heraus und winkt das Team heran. Mit in Sorgenfalten gelegtem Gesicht schildert sie dem Team, dass sich ihr Ehemann seit 2h immer wieder übergeben müsse und gar keinen guten Eindruck auf sie machen würde. Das Team wird durch eine sehr ordentliche Wohnung hindurch in eine kleine Küche geführt, wo der sichtbar leidende Patient (leicht adipöser EZ) auf einem Stuhl sitzt und gerade ein Glas Wasser trinkt. Der Patient reagiert prompt, wendet sich dem Team zu, stellt sich adäquat vor und wirkt zu allen Qualitäten orientiert. Am Handgelenk ist ein normofrequenter und arrhythmischer Radialis-Puls zu tasten, die Atemfrequenz beträgt 16/min. Die Haut ist trocken und warm, ihr Kolorit ist blass-rosig. Auf Nachfrage gibt der Patient starke Übelkeit und diffuse Bauchkrämpfe als führende Beschwerden an. Zudem habe er starke Schmerzen im Bereich der linken Schläfe sowie des linken Kiefers. Etwas derartiges habe er zuvor noch nie erlebt. Thorakale Beschwerden und Dyspnoe werden verneint. RS und Azubi haben parallel ein Basis-Monitoring etabliert, welches unten stehende Werte liefert. Die Körpertemperatur beträgt 36,7°C.
Der 71-jährige Mann muss in diesem Moment erneut würgen und im Anschluss brechen. Das Erbrochene sieht gallig-grünlich aus und ist nur von kleiner Menge. Das vorherig Erbrochene sei laut dem Patienten ganz normal aussehend und „bröckelig“ gewesen – er habe das heutige Abendbrot erkannt.

Der an der Fingerbeere gemessene Blutzucker beträgt 108mg/dl (6mmol/l), ein grobes neurologisches Assessment nach FAST bleibt gänzlich unauffällig. Eine Untersuchung des Bauchs nach IAPP-Schema ergibt außer einer leichten Druckdolenz im Oberbauch keine auffälligen Befunde. Wirbelsäule und Nierenlager des Patienten sind nicht klopfschmerzhaft. Die Ehefrau hat inzwischen noch den Medikationsplan ihres Mannes aufgetrieben.

Wie würdest du weiter vorgehen?
Welche weiteren Fragen hast du an den Patienten und seine Ehefrau?
Hast du bereits eine Arbeitsdiagnose?
Zusatzinfo 1 (Sa, 04.06.22, 17:30Uhr):

Zusatzinfo 1 (Sa, 05.06.22, 19:00Uhr):

VD.auf Infarkt
Zusammengefasst haben wir bisher (Stand 4.6., 20.30h) einen afebrilen, hämodynamisch und respiratorisch stabilen, neurologisch offenbar vollständig unauffälligen Patienten mit einseitigen Kopf- sowie Kieferschmerzen ausgehend vom ipsilateralen, geröteten Auge – der zudem über eine diffuse Abdominalsymptomatik mit Nausea/Vomitus/Bauchkrämpfe klagt, allerdings keine peritonitischen Zeichen aufweist.
Das stinkt nach einem akuten Glaukom. Seine anticholinerge Medikation würde dazu passen, ebenso die Anamnese, dass es nach einem Aufenthalt im Keller (dunkle Umgebung, Mydriasis) losging.
Ich ergänze die Anamnese um ophthalmologische Symptome wie Visusminderung / Halos / vorbekannte Augendruckerhöhung / stattgehabte ophthalmologische Kontrollen / Familienanamnese für grünen Star. Im Status untersuche ich ergänzend die Pupillen (einseitig entrundet?) und palpiere bds. die Bulbi (insbesondere mit Frage nach Seitendifferenz). Zudem Suche nach Meningismus (DD SAB?). Sollte ich anschliessend immer noch den Verdacht auf ein akutes Glaukom haben sorge ich für gutes Licht um möglichst keine zusätzliche Mydriasis zu provozieren und starte eine Medikation mit Fentanyl boliweise i.v., mit dem Ziel eine Miosis mit Verbesserung des Abflusses des Augenwassers zu erreichen. Zusätzlich aufgrund der Nausea antiemet. Therapie mit Ondansetron. Auf keinen Fall Buscopan gegen die Krämpfe, da ebenfalls anticholinerg.
Zielklinik muss über Ophthalmologen verfügen und bei Versagen einer konservativen Therapie die Möglichkeit zur notfallmässigen operativen Versorgung haben. Klinikanmeldung mit Stichwort «Vd. A. akutes Glaukom». Bei hohem Risiko des Visusverlustes und damit Risiko von hoher Morbidität Fahrt unter Sondersignal.
Differentialdiagnotisch ist bei Kopfschmerzen mit abdominellen Symptomen auch an eine intrakranielle Blutung zu denken. Sollte der Patient auf dem Transport wider erwarten plötzlich neurologische Auffälligkeiten entwickeln / eintrüben, dann Planänderung mit Anmeldung im Schockraum und Durchführung einer cCT vor ophthalmologischer Abklärung.
Bin gespannt wie’s weitergeht!
Letzter Stuhlgang? Wann, Konsistenz, auffälliger Geruch, Stuhlig Erbrochen?
– Ileus
Bei Regelmäßige Einnahme von Ass und Apixaban?
– ggf beginnende Mesenterialischämie
NW Oxybutymin auch Gut möglich – Übelkeit, Erbrechen Kopfschmerzen.
– wer stellt die Tabletten, kennt Pat selbst mit alle Tabletten? Wenn Intoxikation ggf auch an suizidale Absicht denken.
Procedere:
Iv Zugang Volumengabe.
Anfahrt zunächst Regelversorger für erste Diagnostik z.B. Sono Abd, Labor (kBB, Bauch, Niere), ggf cCT und Abd Ct
Mindestens Stationäre Aufnahme zur Überwachung der Symptome
Herzvorerkrankung! ACS. ZB Hinterwand MI. ? 12 EKG
Weitere Frage: Wie ist das ganze entstanden? Sturz? Stupfer Schlag? Spontan oder unter Stress/Belastung? Geht es der Frau auch schlecht ? (Gleiches Essen)
Liebe Grüße
Where is the hole in the pocket???
OK, nach 2-stündigem Erbrechen ist der Magen sicher entleert und auch die gallige Flüssigkeit erklärbar.
Wo bleibt jedoch die zuvor aufgenommene Flüssigkeit (ein Glas Wasser)?
Lieber Gruß vom MediFrog
Oxybutynin NW / Überdosierung
Arteriitis Temporalis
ICB oder ACS oder auch akuter Glaukomanfall (UAW der anticholinergen Medikation)
Hämorrhagischer Insult
Weitere Fragen: Diarrhoen, Blutauflagerungen?
Hatte der Patient schon mal einen Herzinfarkt und wenn ja, wie waren die Beschwerden damals? Sehstörungen?
Weiteres Vorgehen: 12 Kanal EKG, Pupillen
Arbeitsdiagnosen: Mesenterialischämie DD ACS
EKG machen wg Kiefer- Kopfschmerz, Übelkeit/Erbrechen, neurologische Auffälligkeiten überprüfen. Und dann Ergebnisse auswerten.
Apixaban und ASS bei wohl bek. VH-Fli??? V.a. Hirnblutung mit Erbrechen. Die Krämpfe kann ich allerdings nicht einordnen… Basisversorung und so schnell wie möglich in den Maximalversorger mit Grundversorgung und hochgelagertem Oberkörper/Kopf. GLG KS