Hämoptysen sicher managen!

Bluthusten macht insbesondere den betroffenen Patient:innen oft große Angst. Dabei handelt es sich oft nur um banale Nebeneffekte einer bronchialen Reizung durch Infekt oder vielleicht auch garkeine eigentliche Lungenblutung sondern Nasenbluten etc… Allerdings gibt es auch massive Hämoptysen mit akuter Lebensgefahr und wichtige Techniken, die Notfallmediziner:innen kennen sollten!

Hämoptysen-Video Teil 1
Hämoptysen-Video Teil 2

Allgemein:

Als „echte“ Hämoptysen wird blutiger Husten mit Blutungsquelle in den unteren Atemwegen bezeichnet. Sehr häufig sind extrapulmonale Blutungen Vorstellungsgrund für „Hämoptysen“, also Blutungen aus dem Mund/GI/Nasenrachenraum. „Echte“ Hämoptysen sind glücklicherweise selten lebensbedrohlich .

Generell führen Hämoptysen nicht durch die Hämorrhagie sondern die respiratorische Insuffizienz zum Tod. Dabei sind Blutmengen ab ca. 200ml/h für lungengesunde und bereits 50ml/h für vorerkrankte Patient:innen lebensgefährlich. Die Blutmenge ist dabei kaum abschätzbar, wichtig ist deswegen (wie immer) das klinische Bild!

Ursächlich für lebensbedrohliche Hämoptysen sind in 90% Blutungen aus Bronchialarterien, anders als die Lungenartierien werden Bronchialarterien mit systemischem Blutdruck versorgt. (Zur Erinnerung: Pulmonarterien führen das Blut vom rechten Herz in die Lunge mit ca. 20mmHg syst., Bronchialarterien versorgen die Lunge selbst mit Blut und haben entsprechend systemische Blutversorgung und -druck)

Warum entstehen Hämoptysen?

Infektionen:

Infektionen sind die häufigste Ursache für Hämoptysen. Dabei kommt sowohl „banale“ Pneumonie oder Bronchitis als auch (in bis zu 3%) eine Tuberkulose in Betracht. Seltener können Lungenabszesse oder Aspergillose auslösend sein.

Lungenembolie

Meist gehen Hämoptysen bei der Lungenembolie mit Brustschmerz und Dyspnoe einher. Differenzialdiagnostisch sollte die Lungenembolie immer bedacht werden.

Neoplasien

Insbesondere das Bronchialkarzinom, aber auch Metastasen oder Neoplasien im Bereich der Trachea oder Larynx/Pharynx können zu blutigem Auswurf führen. Akute Lebensgefahr herrscht beim „Blutsturz“ – dieser wird meist durch Gefäßarosionen ausgelöst und führt binnen weniger Minuten zum Tod.

Seltenere Ursachen:

Vaskulitiden wie z.B. die Granulomatose mit Polyangiitis, Morbus Behçet oder Goodpasture können sich durch Hämoptysen präsentieren. Auch Gefäßmalformationen (z.B. M. Rendu-Osler) oder die pulmonale Hypertonie können Hämoptysen auslösen.

Management:

Allgemein:

  • Auf schwierigen Atemweg vorbereiten, ggf. Hilfe holen
    • Präoxygenieren
    • Absaugung bereitstellen!
  • Bronchoskopie-Dienst bzw. – Material vorbereiten
  • 2 sichere (großlumige) IV Zugänge etablieren
    • Routinelabor + erweiterte Gerinnungsdiagnostik (Thrombelastographie)
    • Kreuzblut abnehmen und EKs kreuzen (jedoch selten Hämorrhagie im Vordergrund)
  • Kontinulierliches Monitoring (ggf. invasive RR-Messung )

Lagerung?

  • Solange eine Eigenatmung mit suffizientem Hustenstoß besteht, sollten Patient:innen nicht in eine bestimmte Lage gezwungen werden
  • Falls möglich bzw. nach Intubation sollte eine Lagerung auf die blutende Seite erfolgen (falls diese bekannt ist)

Inhalation:

Zuletzt wurde immer wieder über die Effektivität von inhalativer Tranexamsäure bei pulmonaler Blutung berichtet. Da die Komplikationsrate sehr gering zu sein scheint, sollte eine Inhalation aus unserer Sicht immer während der Vorbereitung weiterer Schritte versucht werden. Dosierung zb. 500mg TXA in 5-10ml über Verneblermaske.

Intubation?

  • solange Patient:innen einen suffizienten Hustenstoß haben und respiratorisch stabil sind, sollte eine Intubation unbedingt vermieden werden. Spontanatmung und Husten wird das Blut besser entfernen als jedes (blinde) Absaugen!
  • Intubation sollte erfolgen bei:
    • Respiratorischer Erschöpfung / insuff. Hustenstoß
    • geplanter Intervention (Bronchoskopie/OP/Embolisation etc.) mit notwendiger Intubation (kurz vorher mit Bronchoskopie in unmittelbarer Bereitschaft)
    • Rechnet mit einem schwierigem Atemweg (Optik durch Blut verschmiert)
    • Möglichst großen Tubus (mind. 8,0) nach Absprache mit Endoskopie wählen (um Platz für Bronchusblocker und großes Bronchoskop etc. zu haben)
  • Ein Doppellumentubus sollte nur bei entsprechender Expertise zur Anwendung kommen, durch die jeweils kleineren Lumen ist eine endoskopische Intubation oft erschwert

Bronchoskopie

Die Bronchoskopie bei lebensbedrohlichen pulmonalen Blutungen sollte nur durch erfahrenes Personal erfolgen. Insbesondere (noch) spontanatmende Patient:innen können sich unter Bronchoskopie bzw. invasiver Beatmung akut verschlechtern. Die nachfolgenden Punkte sind daher mit zunehmender, notwendiger Expertise verbunden. Sofern verfügbar sollte die Intervention immer durch Expert:innen erfolgen!

  1. Blutung topisch spülen (insgesamt wenig Evidenz)
    • Kalte NaCl Lösung: Traditionell wird mit eiskalter NaCl Lösung gespült. Aus unserer Sicht sollte allerdings bei relevanten Blutungen umgehend mit (kaltem) Adrenalin oder Tranexamsäure gespült werden
    • Adrenalin: Für die Spülung mit Adrenalin existieren verschiedene Dosierungsvorschläge. Wir empfehlen 1mg/10ml Adrenalin in 2-3ml Volumina auf die Blutung zu spülen.
    • Tranexamsäure: Topisch kann Tranexamsäure mit z.B. 500mg auf 10ml in 2-3ml Volumina auf die Blutung gespült werden, auch wenn es hierzu schwache Evidenz gibt, darf kein Wunder erwartet werden.
  2. Einseitig intubieren
    • Ist die Blutungsquelle erkannt und eine Spülung hat keine Besserung erbracht bzw. Die Blutung ist zu massiv, so sollte die gesunde Seite einseitig intubiert werden. Hierzu kann der Tubus über das Bronchoskop vorsichtig in den Hauptbronchus der gesunden Seite vorgeschoben werden und geblockt werden. Wichtig ist, dass der (große) Tubus nicht zu tief vorgeschoben wird und die Lage vor Ende der Bronchoskopie nochmal kontrolliert wird.
    • Nach Intubation der gesunden Lunge sollte die respiratorische Situation zumindest kurzfristig stabilisiert sein und die weitere Diagnostik und Intervention kann erfolgen.
  3. Bronchus-Blocker einsetzen
    • Über das Bronchoskop kann ein Bronchusblocker platziert werden, dieses Verfahren erfordert Übung und Kenntnis des Materials. Abseits von speziellen Ablationen oder Embolisationen kann das Platzieren des Bronchusblockers durch erfahrene Bronchoskopierer:innen schnell erlernt werden und stellt aus unserer invasivste Form der durch Notfall- und Intensivmediziner:innen durchführbaren Interventionen bei massiven pulmonalen Blutungen dar.
  4. Blutung mit Bronchoskop in „Wedge-Position“ blockieren
    • Kann ein (Sub-)Segment klar als Ursache ausgemacht werden und ist ein Bronchusblocker nicht verfügbar, kann das Bronchoskop selbst in das betroffene Ostium bis in „Wegde-Postion“ vorgeschoben werden. Gemeint ist die Tiefe, in der das Lumen des Ostiums vollständig durch das Bronchoskop verschlossen wird. Nun kann hoffentlich kein Blut mehr in die restliche Lunge abfließen und ihr gewinnt etwas Zeit.
    • Das Risiko für eine Dislokation durch Atembewegung im Verlauf ist sehr groß und wird durch die blutverschmierte Optik schlecht bemerkt, zudem kann es zu Verletzungen im am okkludierten Ostium kommen. Das Verfahren stellt daher nur eine Notfalloption bei anders nicht zu beherrschender Blutung dar.

Weitere Quellen:

Autor: Philipp Gotthardt

Ich bin begeisterter Notfallmediziner aus Nürnberg. Ich arbeite in der Notaufnahme, Intensivstation und als Notarzt sowie ärztlicher Dozent und versuche mich mit Nerdfallmedizin an der FOAMed Welt zu beteiligen.

Ein Gedanke zu „Hämoptysen sicher managen!“

  1. Vielen Dank für das- wie immer- tolle Video! Ich habe keine Erfahrung damit. Aber macht denn die Inhalation von Adrenalin präklinisch nicht eventuell auch Sinn? Wenn man es in der Klinik bronchoskopisch-topisch geben würde…
    2 Effekte: Blutstillung auf der blutenden, gute Belüftung auf der nicht blutenden Seite..?

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