Nicht selten benötigen Patienten eine adäquate Analgosedierung, um bestimmte Prozeduren durchführen zu können. Dies kann ein Traumapatient, ein Patient, der zur Notfallgastroskopie muss oder eine Kardioversion sein. Allen gemeinsam ist, dass es sich um Notfallpatienten handelt – und diese gelten immer als nicht nüchtern und können rasch instabil werden. Wir habe für euch die wichtigsten Fakten zur Analgosedierung zusammengefasst.
Das pdf zu dieser Folge findet Ihr hier:
Einleitung
Eine Sedierung (nur “Schlafmittel”) oder Analgosedierung (Kombination aus Schlaf- und Schmerzmittel) ist eine häufig notwendige Maßnahme bei Notfallpatienten. Dies ist eine nicht ganz unkritische Maßnahme und man sollte stets auf Komplikationen eingestellt sein.
Fact 1 – INDIKATIONEN!
Eine Sedierung oder Analgosedierung kann bei Patienten mit Traumata und starken Schmerzen notwendig werden, insbesondere zum Transport oder Umlagerungsmaßnahmen. Die Reposition eines Sprunggelenks gelingt auch nur bei analgosediertem Patienten. Aber auch für “internistische” Patienten ist periprozedural eine (Analgo-)Sedierung meist unumgänglich. Eine Gastroskopie ohne Sedierung oder eine Kardioversion wird der Patient nicht ohne eine solche tolerieren – bzw. sollten wir auch aus ethischen Gründen Menschen vor unnötigen Schmerzen.
Fact 2 – VORBEREITUNG!
“Not to prepare is to prepare to fail.”
frei nach Benjamin Franklin
In diesem Sinne ist es wichtig, sich und sein Team sowie den Patienten auf die anstehende Maßnahme vorzubereiten. Immer ist ein Monitoring anzulegen, um den Patienten adäquat zu überwachen. Hierzu gehört mindestens eine SpO2– sowie eine regelmäßige Blutdruckmessung. Eine CO2 Messung ist auch bei spontan atmenden Patienten möglich (“Kapno-Nasenbrille”) und sollte wenn verfügbar auch eingesetzt werden. Eine durchgehende Monitor-EKG-Ableitung sollte zumindest bei kardial vorerkrankten Patienten angelegt sein. Zudem sollte der Patient klinisch beobachtet werden (z.B. Atemfrequenz und -tiefe). Auf eine potentiell eintretende Atem- und Kreislaufinsuffizienz sollte man ebenfalls vorbereitet sein (Notfallwagen und Intubationsbereitschaft). Beatmungsbeutel und ggf. Guedel-Tubus sollten parat liegen. Zur Unterstützung kann es nicht schaden seinen Oberarzt oder erfahrenen Kollegen dazu zu holen.
“Proper Preparation Prevents Poor Performance”
James Baker
Fact 3 – GEFAHREN!
Der Notfallpatient gilt stets als nicht nüchtern – somit muss mit einer Aspiration kalkuliert werden. Durch die Analgosedierung kann der Atemantrieb vermindert werden, sodass das Equipment und die Komptenz für Atemwegsmanagement immer verfügbar muss. Auch der Blutdruck kann durch die Analgosedierung abfallen, sodass ein initial einigermaßen stabiler Patient unter der Sedierung plötzlich dekompensieren kann, zumal meist der Sympathikotonus durch die Sedierung reduziert wird. Daher vorsichtig dosieren und nach Wirkung titrieren.
Fact 4 – QUICK & DIRTY!
Für die Analgosedierung im Notfall bietet sich Aufgrund der wahrscheinlich geringeren Hypotonie und geringeren Atemdepression z.B. „Ketofol“ an. Hier wird Propofol mit Esketamin kombiniert. Grundsätzlich sollte mit kleineren Dosen begonnen werden und dann je nach Wirkung titriert werden. Als Startdosis Ketofol ist z.B. 20mg Propofol + 15mg Esketamin denkbar (dann mit jeweils 50-100% der Startdosis als Boli titrieren) (CAVE: individuelle Dosisfindung!).
Zur alleinigen Analgesie kann auch Fentanyl 1µg/kgKG ausreichen. Alternativ kann Esketamin mit Midazolam (0,05mg/kgKG) kombiniert werden.
Propofol “mono” wird häufig im Rahmen von Endoskopien eingesetzt. Hier sind höhere Dosierungen als bei Ketofol nötig, sodass eine größere Gefahr der Hypotonie besteht. Auch besteht hier keine analgetische Wirkung!
Die Dosis muss stets nach Wirkung titriert werden. Als Startdosis empfiehlt es sich mit einer niedrigen Dosis anzufangen. Lieber nachdosieren – aus dem Patienten wieder rausholen ist schwierig!
Fact 5 – INTRANASAL!
Kein Zugang möglich? Aggressiver oder agitierter Patient? Ist das Legen eines Zugangs nicht möglich (aggressive Patienten, Kinder etc.) können Esketamin, Midazolam und Fentanyl auch intranasal (siehe auch NERDfacts dazu) verabreicht werden. Ein Zugang sollte dann zeitnah etabliert werden. Sobald der Patient sediert ist, kann in aller Ruhe nach einem Zugang geschaut werden und ggf. auch das Sonogerät zur Hilfe genommen werden. Die Komplikationen bei intranasaler Applikation sind die substanzspezifischen Nebenwirkungen. Auch Naloxon und Flumazenil können intranasal verabreicht werden. CAVE: off label!
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Quellen und weiterführende Infos:
Engelen C, Fandler M. SOP Analgosedierung in der Notfallmedizin. Notfallmedizin up2date 2018; 13(02): 122 – 124. doi:10.1055/a-0607-1729
Eschbach, Tim; Grüneck, Sebastian, SOP intranasale Applikation von Medikamenten im Notfall. Notfallmedizin up2date 2020; 15(02): 120 – 124DOI: 10.1055/a-1078-24
DGAI, BDA. Entschließungen, Empfehlungen, Vereinbarungen; Analgosedierung für diagnostische und therapeutische Maßnahmen bei Erwachsenen. Ebelsbach: Aktiv Druck & Verlag; 2011
Wieder mal eine super Übersicht vielen Dank dafür! Gerade beim Thema Analgosedierung gibt es leider in meinen Augen noch vieler Orts Nachholbedarf.
Als kleine Ergänzung möchte ich gerne noch die Kombination von Fentanyl und Ketamin einbringen. Gerade für Kollegen die sich mit Propofol nicht wohl fühlen oder keine Freigabe dafür besitzen ist diese Kombi in meinen Augen eine wirklich gute Lösung. Vorteile sind ähnlich bzw. in meinen Augen dem “Ketofol” sogar überlegen denn ich habe in der Regel nach nachlassen der Wirkung von Ketamin einen Patienten mit dem ich deutlich einfacher Kommunizieren kann wenn ich die Analgesie mit Fentanyl aufrechterhalte als mit Ketamin.
Viele Grüsse aus der Schweiz und macht weiter so !!