Perfusoren in der Notfallmedizin

Update 2023: Umfangreiche und ständig aktualisierte Perfusor-Tabellen (z.B. Morphinperfusor, Heparinperfusor, Noradrenalinperfusor uvm) gibt es jetzt kostenlos auf notfallguru.de!

„Richte mir den Nor-Perfusor!“ – „Ok, in welcher Dosierung und mit welcher Laufrate?“ – „Ähh, nach Standard?!“

Perfusoren sorgen immer wieder für Verwirrung, es existieren verschiedene Standards und es mangelt dank seltenem Einsatz manchmal an Übung – wir haben uns daher in dieser Woche mit dem Thema auseinandergesetzt!

Basics

Perfusoren sind Spritzenpumpen, die üblicherweise mit 50ml Spritzen bestückt werden und dann eine fixe „Laufrate“ abgeben (ml/h).

Notwendig sind Perfusoren daher beim Einsatz von hochpotenten Medikamenten mit kurzer Halbwertszeit. In der Notfallmedizin werden daher meist Narkosemedikamente und Katecholamine über den Perfusor appliziert. In der Intensivmedizin ist der Einsatz von Perfusoren weiter verbreitet und es wird fast nichts ohne fixe Laufrate verabreicht.

Einstellungen

Bei Perfusoren gibt es immer 2 Dinge zum Einstellen:

  • Laufrate (ml/h) kann eingestellt werden, abhängig vom Gerätehersteller muss meistens die neue Laufrate bestätigt werden
  • Bolus – hier kann man einige ml als Bolus verabreichen, dabei gibt es meist zwei Möglichkeiten. Entweder man bestimmt vorher das Bolusvolumen und der Perfusor gibt es nach Bestätigung ab, oder während Tastendruck gibt der Perfusor einen Bolus ab und zeigt die Bolusmenge an

Dosierung / Besonderheiten

Dosierung:

Insbesondere Katecholamine müssen verdünnt in der Perfusorspritze aufgezogen werden. Üblich in der Notfallmedizin sind dabei bei z.B. Noradrenalin z.B. 5mg/50ml also 0,1mg/ml oder 1mg/50ml also 0,02mg/ml. Die eingestellte Laufrate des Perfusors hängt von der gewünschten Dosierung pro Stunde und der verwendeten Konzentration des Medikaments ab.

Die Laufrate bestimmt natürlich auch die Dauer, bis die Perfusorspritze leer ist. Damit auf der Intensivstation nicht ständig die Perfusorspritzen gewechselt werden müssen, sind hier geringe Laufraten mit höheren Konzentrationen gut geeignet.

In der Notfallmedizin sind die Umgebungsbedingungen meist ungünstig, daher muss die Medikamentengabe möglichst sicher sein. Hier eignen sich niedrige Konzentrationen und hohe Laufraten – ein unbeabsichtigter Bolus ist dann nicht so dramatisch. Da wir Notfallmediziner Patienten aber selten über Stunden behandeln, fällt der Wechsel von Perfusorspritzen nicht so ins Gewicht.

Insgesamt ist aber wichtig, dass in einer Abteilung und in einer Organisation ein einheitlicher Standard verwendet wird um Missverständnisse zu vermeiden.

Rechenbeispiele: Noradrenalin Perfusor soll mit 0,5mg/h laufen:

0,1mg/ml x 5ml/h = 0,5mg/h – bei 5mg/50ml Verdünnung ist die Laufrate also 5ml/h um 0,5mg/h Noradrenalin zu applizieren. Die Perfusorspritze reicht dann für 10h.

0,02mg/ml x 25ml/h = 0,5mg/h – bei 1mg/50ml Verdünnung ist die Laufrate also 25ml/h um 0,5mg/h Noradrenalin zu applizieren. Die Perfusorspritze reicht dann für 2h.

Trägerlösung:

Da bei einer geringen Laufrate (zb. 1-2ml/h) das Medikament am ende der Perfusorleitung erstmal in die Kanüle etc. laufen muss, brauchen die Medikamente teils lange, bis sie wirken. Daher eignet sich bei geringen Laufraten eine Trägerlösung, die über einen Dreiwegehahn das Medikament einschwemmt.

Besonders wichtig bei der Trägerlösgung ist das Verwenden eines Rückschlagventils und eine kontinuierliche Flussmenge über Tropfenzähler. Aus diesem Grund sind Trägerlösungen im Rettungsdienst oft schwer umsetzbar. Präklinisch eignet sich eine hohe Laufrate am Perfusor und eher der Verzicht auf eine Trägerlösung um Applikationsfehler zu vermeiden.

Dosierungen:

Hier die aus empfohlenen Verdünnungen und Dosierungen für Propofol und Noradrenalinperfusor.
Zu finden auch auf unseren Taschenkarten

Verschiedene Perfusoren:

Kreislauf, Katecholamine u.a.

Noradrenalin 0,5mg/h || 1mg/50ml (=20µg/ml) -> Laufrate 25ml/h

Adrenalin 0,2mg/h || 1mg/50ml (=20µg/ml) -> Laufrate 10ml/h

Dobutamin 20-40mg/h || 250mg/50ml (5mg/ml) -> Laufrate 4-8ml/h
(Achtung: Vasodilatation! Noradrenalin parallel geben)

Narkose, Sedierung u.a.

Propofol 1% 200-300mg/h || 500mg/50ml (=10mg/ml) -> Laufrate: 20-30ml/h

Sufentanil 40-120µg/h || 1mg/50ml (20µg/ml) -> Laufrate 2-6ml/h

Ketamin 100-200mg/h || 2500mg/50ml (50mg/ml) -> Laufrate 2-4ml/h
CAVE: Hier Ketamin, nicht Esketamin!

Midazolam 2-10mg/h || 50mg/50ml (1mg/ml) -> Laufrate 2-10ml/h

Antihypertensiva u.a.

Urapidil 10-30mg/h || 150mg/50ml (3mg/ml) -> Laufrate 3-10ml/h

Nitroglycerin 2-5mg/h || 50mg/50ml (1mg/ml) -> Laufrate 2-5ml/h

Clonidin 30-90µg/h || 0,75mg/50ml (15µg/ml) -> Laufrate 2-6ml/h

Reproterol 90µg/h für 3-4 Tage || 450µg/50ml (9µg/ml)  -> Laufrate 10ml/h 

Alle Dosierungsangaben ohne Gewähr. Dosierungen der Sedativa zur Narkoseaufrechterhaltung, meiste Dosierungen als „Startdosierung“ -> höhere Dosierungen können notwendig sein. Unbedingt Hausstandards beachten (auch in unseren Häusern teilsweise abweichende Dosierungen!) Alle genannten Medikamente sind nur durch erfahrene Anwender unter Monitoring anzuwenden!

Umfangreiche und aktualisierte Perfusor-Tabellen findest du jetzt auch bei NOTFALLGURU!

Autor: Philipp Gotthardt

Ich bin begeisterter Notfallmediziner aus Nürnberg. Ich arbeite in der Notaufnahme, Intensivstation und als Notarzt sowie ärztlicher Dozent und versuche mich mit Nerdfallmedizin an der FOAMed Welt zu beteiligen.

25 Kommentare zu „Perfusoren in der Notfallmedizin“

  1. Die Wirkstoffnamen von Adrenalin und Noradrenalin sind Epinephrin und Norepinephrin. Warum werden bei allen anderen Medikamenten die Wirkstoffnamen genutzt, aber bei den beiden nicht?

    1. Adrenalin ist meiner Kenntnis nach die in Deutschland gebräuchlichere lateinische Bezeichnung, Epinephrin wird eher im englischsprachigen Raum verwendet und kommt vom altgriechischen.
      Bei Nor das gleiche.

  2. Ich persönlich finde, das man auch bei Kindern die eine Flüssigkeitsgabe benötigen oder einen Bolus Flüssigkeit brauchen dies am besten über den Perfusor laufen sollte.
    Es gibt leider immer noch zu häufig das Bild, das einem jungen Kind eine 500 ml Jono o.ä. angehängt wird. Insbesondere bei einer Anaphylaxie z.B. Kind bis 10Kg, gibt man ja einen Bonus von 20ml/kgKG i.V. und dies ist am besten mit einem Perfusor zu Dosieren.

    1. Guter Punkt, wobei ich persönlich bei Kindern oft die 500ml halb leer mache (bzw 3/4 etc) und laufen lasse, um nicht so oft den Perfusor wechseln zu müssen.
      Ist zwar ungenau aber für die ganz kleinen nehme ich 100ml Infusionen und ziehe mit dem 3 Wegehahn dann entsprechend 20ml Spritzen ab die dann gebe.
      Aber Perfusor ist natürlich super genau und klappt prima!

      Viele Grüße

  3. Insgesamt eine tolle Übersicht. In den ersten beiden Abschnitten habe ich den Eindruck, dass da allerdings bei der Laufrate jeweils ml/h stehen müsste – also bei Basics und Einstellungen – oder?

  4. Hallo,
    wie ist es wenn das Arterenol überlappend in zwei spritzen läuft. Wie sollte die Laufstrecke bei der zweiten Spritze sein die als überlappung dient?
    Ich kenne es mit 0,1. ist das korrekt?
    Lieben Gruß

    1. Hey, bin nicht sicher, ob ich die Frage richtig verstehe. Bei hoher Katecholamindosis wechselt man die Perfusoren durch langsames einschleichen des neuen Perfusors und parallelem Ausschleichen des alten bsp.: 1,0mg/h Nor insgesamt, Start 0,1+0,9 dann 0,2+0,8 etc… damit es nicht zu einer abrupten Pause beim Wechsel und einem Kreislaufeinbruch kommt.
      Teilweise wird aber auch ein zweiter Perfusor mit eingespannt, damit die Laufzeit der beiden Perfusoren (dann jeweils mit halber Gesamtdosis) länger ist. Beantwortet das deine Frage?

      1. Noch nicht ganz, aber schon ein wenig.
        Ich geb dir mal ein Beispiel aus der Praxis
        Pat hat Arterenol hochdosiert laufen, damit er mit dem Kreislauf nicht einbricht. Hat er zwei Perfusoren, einer mit einer Laufstrecke von, sagen wir 10ml/h und einen anderen mit einer von 0,1 ml/h. Damit ein Fluss auf der Leistung ist und die Laufrate nur angepasst werden muss. Wenn die erste Spritze leer ist.
        Die laufrate von 0,1 warum ist sie so niedrig gewählt? Es gibt auch Kliniken wo diese höher ist, warum?
        Oh je ich hoffe du verstehst was ich meine

      2. Hmm, verstehe aber ich glaube die Laufrate ist letztlich egal und eher von lokalen Protokollen abhängig. Insgesamt ist die Laufrate der Trägerlösung ja relevanter für das Anfluten (wenn man Trägerlösung benutzt)

      3. Ist halt eine Frage des Standards, bei uns ist das unproblematisch weil man es flexibel handhaben darf.
        Ich starte die erneuerte Spritze immer mit 1 ml/h. Wenn der Patienten zb 10 ml benötigt laufen halt 1+9. so kann man sicher sein das beim Wechsel keine Probleme durch kleine Luftbläschen entstehen, oder bemerkt eigene Fehler wie z b. nicht geöffneter Dreiwegehahn abgeknickte Leitung etc.

  5. Sehr cooles Video und Infos… Vielen Dank…

    Könnt Ihr noch was zu dem Begriff „gamma“ bei Noradrenalin sagen? Danke!!!

      1. Dieses „Gamma = y“ wird benutzt, um die Dosis bei Katecholaminen vergleichbar zu machen. 1000µg/h Arterenol bei einem 40kg Patienten ist etwas anderes als bei einem 120kg Patienten. „Gamma“ bezeichnet ein Mikrogramm Noradrenalin pro Kilogramm Körpergewicht pro Minute (y=µg/kgKG*min). Bei dem 40kg Patienten sind das also 1000/40kg*60min = 0,4y, bei dem 120kg Patienten 0,1y bei einer Laufrate von 1000µg/h bei beiden.

  6. Persönlich finde ich, die Notfall Mischung….
    3mg/3ml NORadrenalin plus 47ml NaCl0.9%
    60yg/ml
    1ml/h = 1yg /kg/KG/min
    0.1ml/ = 0.1yg /kg /KG/min

    Also 80Kg Pat.
    0.1yg kg KG min =8ml /h

    1. Hallo Philipp,

      wäre es auch eine Möglichkeit anstelle des Infusomaten einen Perfusor mit Trägerflüssigkeit zu nutzen in der gleichen Einstellung, wie auf der ITS bei der Übernahme des Patienten in den RTW.

      Dann kann den Perfusor in der gleichen Konzentration bleiben. Auch wenn das Konzept mit der sehr dünnen Konzentration besser gefällt.

      Danke und
      Grüße Andreas

      1. Hallo Andreas,
        absolut – das ist gerade bei hochdosiert laufenden Katecholaminen sicherlich eine Möglichkeit (wenn genug Perfusoren am RTW verfügbar sind).

    2. Bei uns in der Klinik ist das ebenfalls Standard (3 mg, 6 mg, 12 mg, 24 mg). Eine kleine Korrektur ist hier allerdings vonnöten, es verhält sich beim (einfachen) Ansatz mit 3 mg/ml wie folgt:

      1 ml/h == 1 Mikrogramm/Minute (NICHT wie zuvor geschrieben Mikrogramm/kgKG/Minute).

      Bei uns wird „Gamma“ zumindest auf der ICU synonym zu „Mikrogramm/Minute“ verwendet, also „1 Gamma“ im obrigen Beispiel.

      Beim 100 kg Patienten wären das 0,01 Mikrogramm/kgKG/Minute, beim 50 kg Patienten 0,02 Mikrogramm/kgKG/Minute.

      Bei den höher dosierten Ansätzen muss man die Laufrate dann Mal 2 (bzw. 4, 8) nehmen, um die Mikrogramm/Minute zu erhalten.

  7. Schöne Übersicht, vielen Dank dafür.

    Eine Frage: Sollte es hier:
    „0,02mg/ml x 25ml/h = 0,5mg/h – bei 1mg/50ml Verdünnung ist die Laufrate also 25mg/h um 0,5mg/h Noradrenalin zu applizieren. Die Perfusorspritze reicht dann für 2h.“
    nicht „Laufrate also 25ml/h“ (Milliliter statt Milligramm) heißen?

  8. Hallo, schönes Video – danke!

    Andere gute Dosierung v.a. bei den Katecholaminen Adrenalin und Noradrenalin:

    3 mg Wirkstoff/50 ml =
    3000 mcg / 50 ml =
    60 mcg / 1 ml

    Damit wird bei einer Laufrate von 1 ml/h exakt 1 mcg Wirkstoff/min verabreicht.

    Beste Grüsse nach Nürnberg!

Kommentar verfassen