Die nichtinvasive Beatmung (NIV) kann bei akuter respiratorischer Insuffizienz lebensrettend sein! Im Notfall braucht es einfache und klare Konzepte, wie man optimal NIVt und welche Einstellungen man konkret wählt. Im neuen Video widmen wir uns der NIV – mit noch mehr Tipps, Tricks und Vorschlägen für Einstellung der Beatmungsparameter.
Dieses Video ist die neue Version zum allerersten Nerdfallmedizin-Video von 2017.
Die nichtinasive Beatmung unterstützt eine vorhandene Eigenatmung des Patienten. Auf allen NEFs und Notaufnahmen (hoffentlich) verfügbar; angewandt via dichtsitzender Maske (alterantiv: Full-Face-Maske oder NIV-Helm) und modernem Beatmungsgerät.
Drei wichtige Einstellungensmöglichkeiten der NIV:
PEEP (positive endexspiratory pressure = positiver endexspiratorischer Druck). Manchmal wird NIV ohne aktive Druckunterstützung und mit “nur” PEEP + FiO2 auch als “CPAP” bezeichnet.
Der niedrigstmögliche Druck im Atemwegssystem. Verhindert durch erhöhten Druck den Kollaps von Alveolen, “Schienung der Atemwege”, kann Atelektasen öffnen erhöht außerdem den intrathorakalen Druck – arbeitet also gegen den venösen Rückstau (bsp. beim hyper- und normotensiven Lungenödem.
PS (pressure support = Druckunterstützung). Viele Namen, je nach Hersteller: Z.B.: ASB, Psup, Psupport, IPAP, Pinsp.
Reagiert auf den (von der Beatmungsmaschine erkannten) Atemhub des Patienten und verabreicht einen Unterstützungsdruck. Erleichtert die Einatmung und hilft vor allem bei muskulärer Erschöpfung.
ACHTUNG: Meist wird hier der Druck additiv zum PEEP angegeben (bsp. bei PEEP 5 mbar und PS 6 mbar beträgt der Spitzendruck insgesamt (additiv) 11 mbar. Manche Maschinen nutzen aber absolute Zahlen. D.h. die Differenz zwischen PS und PEEP ist der zusätzlich Unterstützungsdruck. Bei PEEP 5 mbar und PS 6 mbar wäre dann die Druckunterstützung nur 1 mbar (6-5). Deshalb: Kenne deine Geräte!!
FiO2 (Sauerstoffkonzentration), je nach Gerät von 21% (Umgebungsluft) bis 100% (reiner Sauerstoff). Alternativ auch 0.21-1.0 (1.0 entspricht 100%, 0,21 = 21%). Manche (vor allem etwas ältere) Geräte bieten auch “nur” eine Variante “air mix / no air mix” an – da entspricht “no air mix” meist 100% Sauerstoff, der “air mix” entsprecht einer Mischung von Sauerstoff und Umgebungsluft je nach Gerät, z.B. 40% Sauerstoff.
Nichtinvasive Beatmung – Vorgehen
Wir schlagen bei der nichtinvasiven Beatmung ein Drei-Punkte-Vorgehen vor: 1.) Indikation 2.) Patient 3.) Einstellung.

1.) Indikation
Indikationen:
“Respiratorische Insuffizienz” bei erhaltener Spontanatmung. Grobe Unterteilung in:
- “Oxygenierungsproblem” = Hypoxie (z.B. Pneumonie, Lungenödem)
- “Ventilationsproblem” = Hyperkapnie (z.B. COPD, Asthma), ggf. auch muskuläre Erschöpfung bei Muskelerkrankungen etc.
- Präoxygenierung, evtl. “DSI” (Delayed Sequence Intubation) – Sonderindikation
- Palliative NIV – Sonderindikation
Kontraindikationen (Auszug):
- Apnoe (Atemstillstand), inadäquat niedrige Atemfrequenz
- “Unsicherer Atemweg”
- Erloschene Schutzreflexe / schwere Bewusstsseinsstörung *
- Obere GI-Blutung bzw. (relevante) Blutung aus dem Nasen/Rachenraum
- Erbrechen bzw. generell Risiko der Aspiration (z.B. auch bei Ileus)
- Schwere Gesichtsschädelverletzung
- Pneumothorax (undrainiert)
*Sonderindikation Hyperkapnie bei bek. COPD
2. Patient
Vor Anlage der Maske mit dem Patienten sprechen, informieren und (einfühlsam) begleiten – dann ist auch oft keine Sedierung nötig. Maske zunächst mit der Hand halten, erst später die Fixierungen dranmachen.
Falls Sedierung nötig: Niedrigdosiertes Benzodiazepin (z.B. 1-2mg Midazolam i.v.) oder Morphin (z.B. 2-3mg Morphin i.v.). Achtung vor opiatinduzierter Übelkeit / Erbrechen oder Minderung des Atemantriebs bei (zu) tiefer Sedierung.
3. Problem
Oxygenierungsproblem:
PEEP: 5 mbar
PS: 3 mbar
FiO2: 100%
Schrittweise Erhöhung PEEP (1-2 mbar jede Minute wenn toleriert) bzw. Anpassung nach Klinik.
Ventilationsproblem:
PEEP: 4 mbar
PS: 8 mbar
FiO2: 50-100% (bei Hypoxie: 100%!)
Schrittweise Anpassung der Druckunterstützung an Patientenkomfort. Bei V.a. “Airtrapping” kann ggf. auch eine PEEP-Steigerung nötig werden.
“Unklare 4:00-Uhr-Früh-NIV” = “5-5-100”
PEEP: 5 mbar
PS: 5 mbar
FiO2: 100%
Dann Anpassung nach Klinik (bsp. Patientenäußerung, Atemfrequenz, Herzfrequenz sowie BGA).
Diese Einstellungen können auch bei der “Delayed Sequence Intubation” oder bei palliativen Situationen helfen – mit individueller Anpassung.
Mehr Infos zur Delayed Sequence Intubation auf EMCRIT.
Super!
Bei DM1, DM2 und DMD Patienten darf auf keinen Fall eine Sedierung oder Schmerzmitteltherapie mit Opioiden erfolgen – Lebensgefahr!!!
Hallo Andreas, möchtest du dein Statement etwas ausführen? Mit DMD meinst du Duchenne-Erkrankung?
super erklärt, Danke
Wer liebt sie nicht, die „Unklare 4:00-Uhr-Früh-NIV“ 😅
Super Artikel- kompakt und gut auf der Couch zu lesen. Herzlichen Dank!
Was bedeutet „Unklare 4:00-Uhr-Früh-NIV“?
Im Video sollte das (hoffentlich) ganz gut rüberkommen. Es gibt Situationen (bildlich gesprochen “4 Uhr Früh”) in denen wir eine NIV sehr schnell und ohne viele Vorinformationen beginnen müssen. Dazu gibt es kaum zielführende Vorgaben der Einstellungen am Beatmungsgerät – und wir haben einen Vorschlag für eben diese Einstellungen gemacht.
Wenn man nachts ein Einsatz hat und nicht sofort blickt was man einstellen muss , also im Zweifel 5:5:100
… zumindest ist das in unserer Erfahrung ein gutes und leicht zu merkendes Start-Konzept 🙂
Perfekt!