Pacing! Schrittmachertherapie im Notfall

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Sind momentan Elektro-Wochen? Wer weiß… aber diesmal beschäftigen wir uns mit der transthorakalen Schrittmachertherapie im Notfall – dem Pacing!

Was man beachten muss, welche Fehlerquellen es gibt und wie sich das ganze anfühlt gibt’s im neuen Video!

Indikationen:

  • Instabile Bradykardie (bsp AV-Block III, AV-Block II Mobitz II („alter Mobitz“), Intoxikationen)
    • Instabilitätskriterien: Schock, Synkope, Myokardischämie, Herzinsuffizienz
  • (P-Wellen-Asystolie)
  • (Overdrive-Pacing)

(Theoretisch zur Überbrückung kurz „manuelle Stimulation“ mit Faustschlägen möglich, 50-70/min – s. ERC 2015).

Durchführung:

  • Elektroden platzieren (anterolateral, anterio-posterior)
    • die meisten Defibrillatoren verlangen ein zusätzliches EKG
    • Einstellung Demand (reagiert auf Eigenfrequenz) / Non Demand („Stur“)
    • Entfernung mind. 8cm von Aggregaten (bei implantierten SM/ICDs)
    • ICDs: Magnet auflegen! (sonst Gefahr der VT-Erkennung)
  • Bei wachen Patienten: Analgosedierung! (z.B. Ketofol, Ketamin/Midazolam) – hier auf Atemdepression achten (ev. Nasen-Kapno), Sauerstoffgabe – siehe auch hier.
  • „Instabil“: Start mit 80/80
    • 80mA
    • 80/min
  • „Semi-Stabil“, Start mit:
    • 0mA – langsam steigern (bis kontinuierliche Stimulation, dann nochmal +10) – meist 40-60mA
    • 60-80/min (mind. 20 über Patienten-Eigenfrequenz)

-> „Capture“ muss erreicht werden! Auswurf via Puls verifizieren (optimal: Tasten in der Leiste (A. Fem),  da Tasten der A.Carotis manchmal durch thorakales Muskelzucken fehlerbehaftet ist), alternativ ist auch eine gute Pulsoxykurve oder invasive Druckmessung nutzbar. Pro-Tipp von Frequenz643 auf Youtube: Pulsoxy am Bein (Zehen) anlegen – am Arm oft viele Bewegungsartefakte.
Achtung: Bereits ab 10mA treten teils Muskelzuckungen auf (aber nicht Capture)!

Überwachung:

  • UNBEDINGT permanenten Auswurf beachten!
  • Adäquate Analgosedierung („Wie ein Tritt vom Pferd“…)
  • Vorankündigung und Transport in kardiologisches Zentrum bzw. in der Notaufnahme zeitnah über transvenöse Schrittmachertherapie nachdenken!

Quellen:

Autor: Martin Fandler

I like EM, critical care, prehospital EM, medical education and #FOAMed too.

31 Kommentare zu „Pacing! Schrittmachertherapie im Notfall“

  1. Gibt es pädiatrische Handlungempfehlungen? Die Leitlinie bradykarder Herzrhythmusstörungen sieht ja auch je nach Indikation externes Pacing vor. Ich kann aktuell keine Empfehlung hinsichtlich der konkreten Durchführung (mA/Herzfrequenzeinstellungen finden). Hast du Erfahrung oder bist bei deiner Recherche über gute Quellen hierzu gestoßen ?

    1. Hallo Magdalena,

      richtig gute und konkrete Handlungsempfehlungen gibt es meines Wissens nach nicht. ILCOR (2020, in der aktuellen Version von PALS/AHA und ERC unverändert wiedergegeben): „in selected cases of bradycardia caused by complete heart block or abnormal function of the sinus node, emergency transthoracic pacing may be lifesaving. Pacing is not helpful in children with bradycardia secondary to a post-arrest hypoxic/ischaemic myocardial insult or respiratory failure. Pacing also was not shown to be effective in the treatment of asystole in children“

      Ich versuche noch weitere Informationen zu finden und ergänze hier, falls ich etwas finde.

      1. Hallo Magdalena,
        habe eine Rückmeldung aus der Kinderkardiologie bekommen:

        „das ist tatsächlich etwas, was in der Kinderheilkunde eine absolute Rarität darstellt. Kinder haben ja tatsächlich selten einen AV-Block oder eine Bradyarrhythmie, die ein externes Pacing erforderlich machen würde, da sie meistens einen ausreichend schnellen Ersatzrhythmus haben. Und für die praktische Umsetzung würde ich versuchen mit einer 80er Frequenz zu starten und soviel Output zu nehmen, wie es halt braucht, bis die Frequenz tatsächlich übernommen wird. Und dann kann man versuchen auf eine 100-120 Frequenz zu kommen…. Wenn überhaupt wäre das ja bei Kindern nach einer Herz-OP erforderlich und da ist dann immer noch die Frage, ob es wirklich einen Output bringt, oder nur elektrische Aktionen macht.“

  2. Hallo,
    angenommen ich habe präklinisch einen Pat. mit Av Block III°. HF ca 35/min. Der Pat. ist hierunter stabil. Wie wäre dann das vorgehen bis zum Eintreffen in der Klinik? Elektroden kleben und erst bei Zeichen der Verschlechterung Pacen?

    1. Hi Anne – genau so würde ich es machen! 🙂
      Wenn der Patient etwas schlechter wird (noch nicht kritisch instabil) könnte man einen Versuch starten mit kleinen Adrenalinbolis aus der Hand (Push Dose Pressors): 1mg Adrenalin auf 100ml mit NaCl 0,9% verdünnen, dann 1-2ml (= 10-20µg) Boli iv. Und die Patches sind bereit, wenn das nicht hilft oder der Pat. akut kritisch wird.

  3. Somit differenziert man in der Theorie nicht zwischen den beiden Rhythmen und schon gar nicht in der Therapie. Ein AV-Block 3. Grades ohne ventrikulären Ersatzrhythmus kann also auch als eine aus einem AV-Block entstandene P-Wellen-Asystolie bezeichnet werden.
    Danke für Deine schnelle Antwort!

    1. Jau, bei beiden gilt: Keine Kreislauf = Reanimation (bei AV-Block III gibt es ja durchaus wache, „stabile“ Patient:innen; bei der P-Wellen-Asystolie nicht).

      Die ACLS/ALS Kurse betonen für den speziellen Fall der P-Wellen-Asystolie, dass ein Versuch mit transkutanem Pacing helfen könnte (wenn nicht sofortige Reaktion -> „Standard-ALS-Algorithmus“).

  4. Danke für die tolle, extrem hilfreiche und wirklich wichtige Arbeit, die Ihr für das Medizin-Deutschland macht!
    Kurze Frage: Ist die P-Wellen-Asystolie ein Synonym für einen AV-Block 3. Grades ohne Kammerersatzrhythmus oder unterscheidet die Länge des „asystolen“ Zustandes oder der vorangegangene Rhythmus (eine zu erkennende AV-Dissoziation im Falle des AV-Block 3. Grades) die beiden Begriffe voneinander? Meinem internistischen Uni-Dozenten sagte der Begriff P-Wellen-Asystolie leider nichts, weshalb ich euch nun hier gern zu dem Unterschied fragen möchte 🙂

    Liebe Grüße

    1. Vielen Dank für das super Feedback! 😊
      Eine P-Wellen Asystolie ist ein „Rhythmus“, bei denen kein Kammerkomplex zu sehen ist, aber regelmäßige P-Wellen (hier gibt es ein gutes Beispiel aus einem echten Fall: https://www.researchgate.net/publication/319197085_Successful_use_of_percussion_pacing_in_a_pre-hospital_p-wave_asystole_and_ventricular_standstill/figures?lo=1)
      Vom Prinzip passt das zu einem AV-Block III, nur ohne ventrikulären Ersatzrhythmus. In der englischsprachigen Literatur ist auch von „ventricular standstill“ zu lesen.

  5. Hallo, danke für den tollen Beitrag! 🙂
    Eine Frage hätte ich trotzdem noch zu dem Thema. Es wird ja erwähnt, dass man den Puls als Capture-Überprüfung tasten kann. Wie siehts da mit der Sicherheit für das Personal aus? / Spürt man dann auch bei sich die Stromschläge oder sind die Stromstärken zu gering dafür, sodass man sich da keine Sorgen machen muss?

  6. Hallo Martin,
    Habt ihr Erfahrungen bzgl der Interpretation von transkutan gepaced EKGs? Kann man diese eigentlich überhaupt verwerten oder pausiert ihr kurzzeitig das Pacing um ein 12-Kanal-EKG zu schreiben? Bei Schrittmacher-EKGs kann man ja mod. Sgarbossa oder Barcelona anwenden. Gilt das dann auch transcutan?
    LG Stephan

    1. Lieber Stephan, die Sgarbossa Kriterien sind nur für den implantierten und daher meist im rechten Ventrikel/Septum implantierten und stimmulierenden Schrittmacher evaluiert. Der transkutane Schrittmacher hat einen ganz anderen Vektorverlauf und sollte daher auch eine andere Erregungsrückbildung zeigen. Ein 12 Kanal unter transkutanem Pacing ist möglich, allerdings sind uns keine Studien hinsichtlich der Ischämiediagnostik hierunter bekannt.

  7. Hallo Martin,
    – wie sind deine Erfahrungen mit dem Overdrive-Pacing und wann zieht man diese Methode der Kardioversion vor ?

    – würdest du nach erfolgreicher Rea tendenziell eher den Fix-Modus wählen ? Von was machst du die Entscheidung Demand oder Fix Modus zu wählen abhängig?
    (Ich habe letztens jemanden im ROSC mit zentralem bradykarden Puls im Demand-Modus gepaced und es hat einfach nicht funktioniert! (Es gab auch keine Muskelzuckung) Lag das eventuell am Modus ? Wäre Fix erfolgreich gewesen ? Der Na war sich zu unsicher…

    Liebe Grüße, Miri

    1. Hi Miri,

      zu Overdrive Pacing habe ich persönlich keine ausreichende Erfahrung um dir da im Detail zu Berichten, ich gebe die Frage an Klaus weiter und melde mich.
      Demand kann helfen, um eine Schrittmacherauslösung in der vulnarablen Phase zu verhindern (wenn noch regelmäßige Herzerregungen va mit Auswurf vorhanden sind). Im „Worst“ Case und (Peri)arrest macht Fix mehr Sinn, da sind potentielle Artefakte nicht so problematisch. Wenn es gar keine Muskelzuckungen gibt, sollte man nochmal die Elektroden und den Defi überprüfen – wird wirklich stimuliert? (Manchmal ist das „Starten“ je nach Gerät etwas tricky, z.B. wird teils eine parallele EKG-Ableitung gefordert). Das klingt für mich eher nicht nach einem Problem mit dem Modus sondern danach, dass entweder gar kein Stromimpuls abgegeben wurde oder kein „Capture“ erfolgt ist, d.h. der Strom nicht stark genug / an der richtigen Stelle war. Da helfen oft die Repositionierung der Klebepatches oder Erhöhung der Stromstärke (mA).

      1. Danke für deine Antwort.
        Wir haben den C3 der ja eigentlich Idiotensicher ist 😀
        Kleines EKG und Pulsoxy waren natürlich dran, die Patches klebten vom initialen Anlegen anterolateral und bei der Energie sind wir auf 115mA hochgegangen, das hätte doch zumindest ein Zucken im Thorax/Abdomen machen sollen. Hattest du schon einmal den Fall, dass es bei anterolateral nicht funktioniert hat, durch das Umkleben zu anterior/posterior dann schon?

        Besteht beim Fix Modus im Zustand des periarrest nicht die Gefahr, dass man sich wieder seinen mühsam erworbenen Rhythmus kaputt macht durch den Stromschlag in die vulnerable Phase? Ich vertraue diesem Fix-Modus irgendwie noch nicht ganz…

    2. Wenn die Elektroden richtig im Defi eingesteckt waren, dann waren Stimulationspuls oder (meistens!) Stimulationsoutput zu niedrig gewählt. Waren denn Spikes erkennbar? Max Output MUSS bei ANT/POST. STIMULATION zur effektivenStimulation fűhren, sonst bestehen eine elektromechan. Entkopplung od. ein Gerätedefekt (noch nie gesehen).

      1. Hallo Zorro, danke für deine Antwort. Nun ist der Einsatz schon so lange her, dass ich nicht mehr weiß, ob Spikes zu sehen waren (ich glaube aber nicht). Ich weiß nur noch, dass ich bis 120mA hochgedreht habe und sich nichts tat. Ich vermute, dass es daran lag, dass die Patches noch anterolateral geklebt haben und wir sie nicht umgeklebt haben, obwohl es ist der Position ja eigentlich auch gehen sollte. (3-Pol war natürlich dran!)

      2. UND: der Notarzt wollte nur den Demand-Modus haben. Ich glaube daran lag es auch. Der Fix-Modus wäre hier wahrscheinlich sinnvoller gewesen.

  8. Ist das Pacing einfach ein defibrilator ? Oder unterscheidet und wird Er separiert vom Defi

  9. bei Defi. Adäquatervs. inadäquate Schockabgabe wie das mit dem Magneten funktioniert und in welchen „Modus“ der Defi übergeht. Was ist wenn unter Magnetauflage vom Rettungsdienst-EKG-Monitor VTs detektiert werden?

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